14. Oktober 1963: Vergeblich am Nürnberger Glücksring gedreht

14.10.2013, 07:00 Uhr
14. Oktober 1963: Vergeblich am Nürnberger Glücksring gedreht

© Ulrich

Aller guten Dinge sind drei! In ihrem dritten Endspiel seit 1960 sicherten sich die Club-Handballfrauen am Sonntagvormittag im Zabo zum zweite Male die Deutsche Meisterschaft! In einem spielerisch sehr schönen und bis zur letzten Minute spannenden Finale besiegten sie den Vorjahresmeister TV Vorwärts Frankfurt vor 6000 begeisterten Zuschauern nach Verlängerung mit 6:5 (4:4, 1:3) Toren.

Die tüchtigen Frankfurterinnen können in Endspielen gegen den 1. FCN einfach nicht gewinnen! 1961 verloren sie mit 5:8, diesmal mit 5:6. Als ob die Frankfurterinnen das ahnten, gingen sie am Samstagabend noch einmal zum Hauptmarkt. Drei Spielerinnen kletterten am Gitter des Schönen Brunnens hoch, um den Glücksring zu drehen. Aber das half am Sonntag auch nur in der ersten Halbzeit.

Entscheidend für den Nürnberger Sieg war der wieder einmal sehr starke Endspurt, den die Club-Damen schon in der Vorrunde beim 8:7-Sieg über den TV Eimsbüttel Hamburg ausgespielt hatten. Damals lagen sie in Hamburg 1:5 zurück. Gestern führte der TV Vorwärts Frankfurt zur Pause mit 3:1 und bis drei Minuten vor Schluß der regulären Spielzeit noch mit 3:2. Dann aber waren die Nationalspielerinnen Elsbeth Härtle und Lydia Bauer, die bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Tor geworfen hatten, nicht mehr zu halten. Binnen zwei Minuten glichen sie aus und erzielten die 4:3-Führung. Die Verlängerung wäre nicht mehr notwendig gewesen, aber mit einem 20-Meter-Wurf glückte der Frankfurter Mittelstürmerin Erika Schütt wenige Sekunden vor dem Abpfiff noch das 4:4. Die Nürnberger Torhüterin machte hierbei nicht die beste Figur. Über ihre Hände hinweg rutschte der Ball ins Netz.

Die Club-Elf, der die normale Spielzeit von 2 x 20 Minuten erneut viel zu kurz zu sein schien, hatte jetzt aber so enormen Auftrieb, daß sie vor Einsatz und Kampfgeist förmlich sprühte. In den ersten vier Minuten der Verlängerung erzielten Lydia Bauer und Heidi Fries den entscheidenden 6:4-Vorsprung, den die Frankfurterinnen nur noch um einen Treffer verkürzen, aber nicht mehr wettmachen konnten. Die Freude der Nürnberger Spielerinnen beim Schlußpfiff war verständlich.

Beifall auf offener Szene

Dieses Frauen-Endspiel stand dem vorjährigen Finale der Männer zwischen dem TSV Ansbach und Grün-Weiß Dankersen (9:8) nicht nach.
War es damals die kraftvoll-männliche Note beider Mannschaften, die das Publikum mitriß, so war es gestern das für das Auge sehr schöne, ästhetische Laufspiel der Frauen. Die Nürnberger Mannschaft hatte in puncto Eleganz klare Vorteile. Ihre flüssigen Kombinationen waren eine Augenweide. Der Beifall auf offener Szene sagte alles!

Und doch fehlte den Aktionen oftmals der notwendige Druck. Nur vor der starken Sperrkette der Frankfurter Abwehr, die mit einer konsequenten Raumdeckung viel Erfolg hatte, liefen die Nürnberger Kombinationen wie am Schnürchen. Erst gegen Spielende, als die Club-Frauen ihren Kampfgeist in die Waagschale warfen, wurden auch erfolgreiche Einbrüche in die Abwehr häufiger.
Die Frankfurter Aktionen wirkten etwas eckliger, waren dafür aber wuchtiger und verbissener. Die Vorwärts-Spielerinnen waren sehr auf Ballsicherheit bedacht, so daß die Nürnberger Mittelläuferin Gerda Reitwießner-Ahles nicht so oft wie gewohnt in den Sturm vorlaufen konnte. Sie hatte mit Deckungsaufgaben alle Hände voll zu tun.

Wie die Frankfurter Abwehr, die in der ersten Halbzeit den Club-Sturm ziemlich „entschärfte“, sammelte auch die Nürnberger Hintermannschaft viel Lob. Mit einer offensiven „Manndeckung“ attackierte sie die gegnerischen Stürmerinnen schon weit vor dem Wurfkreis und hatte damit viel Erfolg. Wiederholt spielten Gerda Reitwießner und die kleine Lehrerin Buchner ihren Gegnerinnen den Ball – völlig regelgerecht – aus der Hand und schufen damit neuen Chancen für ihren Sturm. Allerdings wußte dieser nicht immer etwas damit anzufangen.

Lydia Bauer vergab in der 4. Minute einen 14-Meter-Strafwurf! Den unplaciert geworfenen Ball hielt die ausgezeichnete Frankfurter Nationaltorhüterin Gertrude Wenz, gegen die Härtle, Bauer & Co. auch sonst mit hohen Bällen kaum eine Chance hatten. Zweimal trafen Kliegel und Härtle Latte und Pfosten, und mindestens 15 Nürnberger Bälle wurden neben oder über das Tor geworfen oder von Gertrude Wenz mühelos gehalten.

Die Nürnberger Elf war auch taktisch hervorragend eingestellt. Die Überrumpelung aus dem vorjährigen Zwischenrundenspiel im Zabo, als die Frankfurterinnen nach zehn Minuten mit 4:0 führten, um dann mit 6:4 zu gewinnen, wurde vermieden. Das Rezept dafür war ein von Anfang an offensives Spiel, so daß der TV Vorwärts erst nach 14 Minuten zum ersten Treffer kam.
1. FC Nürnberg: Scharff; Then, Schmidt; Buchner, Reitwießner – Ahles, Oberberger; Bauer, Bloß, Härtle, Kliegel, Fries; Auswechselspielerin: Sutter, nicht eingesetzt.
TV Vorwärts Frankfurt: Wenz; A. Zibirre, Maternur; Licht, Pflug, Schappel; Walter, Wiedler, Schütt, Marx, Cabanus; Auswechselspielerin: Sutter, nicht eingesetzt.
Tore für Nürnberg: Bauer 3, Buchner 1, Härtle 1, Kliegel 1, Fries 1; für Frankfurt: Schütt 2, Schappel 2, Wiedler 1.

Die Stadt Nürnberg gab zum Abschluß im Deutschen Hof einen Empfang für beide Mannschaften und den DHB-Präsidenten Feick. Oberbürgermeister Dr. Urschlechter lobte das faire Spiel ebenso wie der DHB-Präsident und Club-Vorstandsmitglied Franz, der, trotz der Niederlage der Fußballmannschaft in München bester Laune, den Frankfurterinnen die eigentlich für die Siegerinnen bestimmt gewesenen Blumen überreichte.

Er gab dabei seiner Freude darüber Ausdruck, daß der durch den Fußball in ganz Europa berühmt gewordene Zabo nun auch im Handball einen großen Ruf erhält, bezeichnete das 5:0 von München als „Opfer“ für den Erfolg der Handballerinnen, folgerte daraus, daß der 13. Morlocks Glückstag ist, daß es gestern folglich auch für die Club-Damen nicht hätte schief ausgehen können und bestätigte ihnen, daß sie das beste und schönste Endspiel gezeigt haben. Den Frankfurterinnen bescheinigte er: „So schön, so gut, so fair zu spielen und so anständig zu verlieren wie Sie – mehr kann man wirklich nicht verlangen!“ und gab ihnen so aufmunternde Worte für die nächste Saison mit auf dem Weg, daß sich ihre Mienen sichtlich aufhellten. Zu DHB-Präsident Feick gewandt schloß er: „Auf Wiedersehen in Nürnberg“, wobei er mit Hinblick auf künftige Finals das Wort Nürnberg besonders betonte.


 

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