16. August 1965: „Johnny“ – ganz vorn

16.8.2015, 07:00 Uhr
16. August 1965: „Johnny“ – ganz vorn

© Gerardi

Die Schallplatte, vor kurzem erst in großer Auflage gepreßt und schon hoch in Kurs, entstand im Synchron-Studio von Heinz Schiegl, das seit seiner Gründung vor fünf Jahren 45 Titel herausgebracht hat. Es sind Tanzmelodien, moderne Beat-Musik, folkloristische Weisen und humoristische Knallbonbons. Dabei ist das Geschäft mit der heiteren Muse, dem sich der 35jährige gebürtige Nürnberger gewidmet hat, gar nicht so leicht, wie es sich ansieht. „Als ich noch als Kapellenleiter in ganz Europa Musik machte – Rock´n Roll und Hill-Billy –, da sah die Sache anders aus!“ sagt der nunmehrige Schallplattenverleger, der unter dem Pseudonym Jonny Sivo auch eigene Kompositionen schreibt. Er hat in Nürnberg und München Musik studiert und mittlerweile in der Praxis gelernt, was in dieser Branche „ankommt“.

Mit „Let´s slop“ von Mike Roger war der verheißungsvolle Anfang gemacht, dann kamen die „Pegnitz-Spatzen“ und die ebenfalls einheimischen „Fidelios“ hinzu, lauter Interpreten, die beim einschlägigen Publikum ziehen. Auch der „Jodler-Gustl“, ein Bayer übrigens aus Heilbronn, machte sein Platten-Rennen, aber der beste Zünder war Rudi Borrel mit seinem ulkigen „Schlapp hat seinen Hut verloren“.

„Viele Unsicherheitsfaktoren stecken in solch ´nem Unternehmen!“ erklärt Heinz Schiegl, der jedes Band zur Überspielung in ein Frankfurter Spezialwerk schickt, wo es auf Matritze genommen und dann auf Platten gepreßt wird. Kosten über Kosten sind bereits bis dahin investiert, aber das Risiko bleibt immer noch: findet der „Song Nr. X“ auch wirklich Anklang? Er kann es nur hoffen.

Gelassen bleibt der Fabrikant, wenn eine unter den vielen „Mjusickels“ eine taube Nuß ist, aber hart kann er sein, wenn in einer Woche zehn bis fünfzehn Anrufer fragen: „Suchen Sie Talente? Ich bin eins!“ Da sieht Heinz Schiegl, der zwar ständig nach Neuentdeckungen fahndet, buchstäblich rot. „Wenn Sie zwei Akkorde auf der Gitarre spielen und dazu stimmlich etwas hinausschleudern können, dann sind Sie noch lange kein Freddy Quinn!“, gibt er zur Antwort. Der Telephonhörer sitzt rasch wieder in der Gabel.

Hat er aber seinen erwählten Star im Studio, dann nimmt die Technik raffiniert ihren Lauf. Mit Fingerspitzengefühl und feinem Gehör für Rhythmus und Klang werden die Proben getestet. Dabei spielt das „Playback-Verfahren“ (eine Rückspiel-„Masche“ probater Art, die für Einblendungen sorgt) eine große Rolle. So hat alles, was der einzige Schallplattenproduzent Nordbayerns auf den Angebotstisch legt, eine individuelle Note. Es wird auch nicht mehr lange dauern, dann stellt er die begehrten Scheiben bis zur Auslieferung selber her.

Das Repertoire weist die vielfältigen Titel auf. Da sind die „Safe-Knackers“ genau so bekannt wie „Ein Photo bleibt mein Talismann“ (übrigens von der Nürnbergerin Elvira Deinhardt gesungen) und „Ich brauche deine Liebe“ – lauter Songs, die auch von „Abstinenzlern“ gehört werden. Magnet Nummer eins ist aber gegenwärtig Johnny Born mit seinem „Ol´ man river“. Der stimmliche Weg des Baritons reicht von „Tiefland“ bis zum Mississippi.

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