16. Januar 1970: Funk schlägt Wellen

16.1.2020, 07:00 Uhr
16. Januar 1970: Funk schlägt Wellen

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Rund 700.000 DM kostet der Spaß die Nürnberger Polizei, weitere 200.000 DM das Rote Kreuz und über 230.000 DM die Feuerwehr. Hinzukommen stolze Beträge, mit denen Taxi- und Mietwagenunternehmer, Ärzte und auch Privatpersonen mit einer Funksprecheinrichtung diese Umrüstung bezahlen müssen.

Sinn dieser großangelegten Neuerung ist, der Not folgend, mehr Platz auf den zur Verfügung stehenden Frequenzen zu schaffen. Schon heute muß man für die Genehmigung einer Sprechfunk-Einrichtung sowohl im Gegen- wie im Wechselsprechverkehr erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen.

Zum sogenannten Vier-Meter-Band, in das sich in erster Linie Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk und Ziviler Bevölkerungsschutz teilen, erklärte uns Polizeiamtmann Heinrich Bussbach, Leiter der Fernmeldeabteilung im Polizeipräsidium: als in den Jahren 1949/50 in Bayern die Funkfrequenzen verteilt wurden, kamen vorerst nur Landpolizei und die Polizei in den Großstädten dafür in Frage. Seither ist der Bedarf enorm gestiegen. Hinzugekommen sind vor allem die kleineren Polizeidienststellen der Mittelstädte, die alle eine eigene Sendefrequenz mit eigenen Funkkreisen forderten.

Wie soll man den Ansturm bewältigen, da doch für die gesamten Sicherheitsbehörden auf dem Vier-Meter-Band nur der Frequenzbereich von 85,075 bis 87,525 Megahertz zur Verfügung steht? Man fand des Rätsels Lösung: während der Abstand unter den Kanälen, bisher 100 an der Zahl. 50 Kilohertz betrug, rücken sie von nun an auf 20-kHz-Distanz zusammen. Und schon haben auf der gleichen Bandlänge nicht mehr 100 sondern 240 Kanäle Platz.

Nun soll es Leute, nicht nur Ganoven, geben, die sich einen Spaß daraus machen, den Polizeifunk abzuhören. Wiederholt hieß es in letzter Zeit aus kompetentem Munde: das ist jetzt vorbei. Tatsache aber ist, daß weiter abgehört werden kann, wenn man sich der nötigen technischen Hilfsmittel bedient. Dazu Amtmann Heinrich Bussbach: „Wir würden gern auf eine völlig andere Frequenzeinteilung ausweichen. Aber das geht nicht, weil die Frequenz von 85 bis 87 MHz auf internationaler Basis festgelegt ist.“

In der Praxis müßte die Nürnberger Stadtpolizei von ihren 123 Funkwagen 79 mit ganz neuen Geräten – Stückpreis 7.000 DM – ausstatten. Auch die vier Feststationen wurden wie die 15 tragbaren Funkgeräte ausgetauscht. Nur 52 Funksprechgeräte neuerer Bauart konnten umgerüstet werden. Alles das wie auch entsprechende Antennenverändeungen schlägt mit 700.000 DM zu Buche. Insgesamt wird die Stadt Nürnberg für die Umstellung auf den neuen Funkbereich rund 1,2 Millionen DM hinblättern müssen.

Und nun gibt es noch das Zwei-Meter-Band, auf dem vor allem die 349 Taxis und 80 Mietwagen in Nürnberg sowie eine Vielzahl von Unternehmern und auch Ärzten „fahren“. Etwa die Hälfte der Taxi-Funkgeräte mußte neu angeschafft, der Rest konnte umgetrimmt werden. Auf die einzelnen Taxi-Unternehmer entfällt eine Gesamtsumme von rund 250.000 DM. Ein neues Gerät kostete immerhin 1.700 bis 1.800 DM, die Umrüstung zwischen 400 und 800 DM pro Fahrzeug. Bei den Mietwagen müssen etwa 55 Geräte umgerüstet und 25 neu angeschafft werden.

Dazu Siegmund Walz, mit 55 Fahrzeugen größter Nürnberger Mietwagen-Unternehmer: „Da hat uns die Post einen schönen Streich gespielt. Ich habe gehört, in ein paar Jahren soll vom 20-kHz-Raster auf 10 kHz umgestellt werden. Dann können wir alle bisherigen Geräte, auch die jetzigen Neuanschaffungen fortwerfen und wiederum völlig neue Apparate kaufen. Ein Umrüsten wird dann mit den zur Zeit gängigen Geräten nicht möglich sein.“

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