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16. Juli 1971: Mit Känguruh-Sprüngen durch die Breite Gasse

16.7.2021, 07:00 Uhr
16. Juli 1971: Mit Känguruh-Sprüngen durch die Breite Gasse

© NN

Zuerst wurde ein Mini-Kicker aufgestellt, aber kaum hatte der Ball ein paarmal die Seiten gewechselt, da kamen zwei junge Damen herbei und wollten mitmachen. Jetzt kam eine eigenwillige Note ins Spielgeschehen, Griffe und Männchen rotierten in ungewohnter Vehemenz, und manchmal wurde auch der Ball getroffen.

Unterdessen machte ein ferngesteuerter VW-Porsche Furore. Eine Kinderschar hetzte um das kleine Gefährt herum, das schwungvolle Runden um Männer- und Frauenbeine drehte, ehe es gegen einen teilnahmslos dastehenden Pudel stieß. Indigniert begann das Tier zu trippeln und folgte fortan mißtrauisch den Bewegungen des Autos. Als schließlich ein vierbeiniger Artgenosse hinzukam und die Aufmerksamkeit geteilt werden mußte, war der Pudel überfordert: hilfeheischend schaute er zu seinem Frauchen hinauf, das ein Einsehen hatte und mit ihm weiterging.

Beifällige Anteilnahme rief ein Hüpfball hervor, ein Gerät, das zu känguruhartigen Sprüngen verhelfen kann. Wenn man es beherrscht. Das glaubte einer der Reporter von sich und forderte zwei Gocart-Fahrer und einen Dreiradbesitzer samt Sozius zum Rennen auf. Die Passanten räumten bereitwillig eine längere Strecke auf der Breiten Gasse.

Vom Start weg führte der Hüpfball-Inhaber das gemischte Feld an, aber dann blieb der Ball hängen, und sein einstiger Besitzer landete mit mächtigem Schwung auf der Straße. Da freute sich das umstehende Volk und wollte weitere Rennen sehen.

Der Mini-Kicker hatte andere Liebhaber gefunden, eine Jungenschar, die sich lärmend darum drängte. Doch bald schon drohte der sportliche Wettkampf in Kriegshandlungen auszuarten. Mit großen Augen, unter der Nase einen verräterischen Silberstreif, schaute ein Dreikäsehoch zu, wie das Kurbeln der Jungen immer wilder wurde, bis der Kicker ins Wanken geriet. Erwachsene griffen ein und trennten die kampflüsternen Parteien.

Man muß treten

Vier junge Mädchen bekundeten Interesse am Gocart. Schließlich faßte sich Heidi ein Herz, kletterte ins Auto, schlug züchtig die beiden Schöße ihres geteilten Rockes über die Knie und karrte vergnügt zwischen Passanten umher. Denn sie hatte bald herausgefunden, daß sie treten mußte, wenn sie weiterkommen wollte.

Zum Schluß wurde es fast artistisch, als der Geschäftsführer des Spielwarengeschäftes zwei Stelzen anbrachte. Es blieb aber weitestgehend bei Versuchen, weil alle, die es wagten, rascher herab- als hinaufkamen. Nur einer hielt sich längere Zeit auf den Stelzen, aber das Gleichgewicht konnte er bloß halten, weil der ständig rückwärts ging.

Als abermals Heidi es auch versuchen wollte, kam eilfertig ein Kavalier herbei und faßte sie sicher unter, obwohl die junge Dame flehte: „Bitte nicht da, da bin ich ja so kitzlig!“ Der hilfsbereite Mann aber meinte: „So könnte ich den ganzen Tag spielen.“

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