17 Etagen: Streit um neuen Büroturm im Nürnberger Westen

14.3.2021, 05:59 Uhr
17 Etagen: Streit um neuen Büroturm im Nürnberger Westen

© Bermüller und Niemeyer

Herr Fraas, wird das Bürohochhaus im Nürnberger Westen kommen?

Michael Fraas: Zunächst haben wir nur entschieden, dass ein Bürostandort an dieser Stelle planungsrechtlich denkbar ist. Ob es dann überhaupt zu dem Bau kommt - das wird der Markt entscheiden.

Das heißt, ob es genügend potentielle Mieter geben wird?

Fraas: Richtig. Wir brauchen ausreichend feste Zusagen für Anmietungen. Es gibt so genannte A-Immobilienstandorte wie München, Frankfurt, Düsseldorf, Berlin, Stuttgart und Hamburg. Dort entstehen Bürokomplexe, die erst nach ihrer Fertigstellung vermarktet und gefüllt werden. Der Nürnberger Büromarkt dagegen ist nachfrage-getrieben: Erst wenn es ausreichend feste Mietzusagen gibt, wird mit einem Bürobau begonnen. Daher gibt es in Nürnberg kaum Büro-Leerstände - abgesehen vom pandemie-bedingten Home Office. Auf dem Nürnberger Büromarkt wird also nicht am Bedarf vorbei gebaut.

17 Etagen: Streit um neuen Büroturm im Nürnberger Westen

© Rurik Schnackig

Abgesehen davon, wie schätzen Sie selbst das Projekt ein?

Fraas: Ich selbst finde das Projekt am Tiefen Feld spannend. Es handelt sich um einen Entwickler aus der Region, der übrigens ein sehr qualitätsvoll agierendes Nürnberger Architekturbüro engagiert hat.

Standort gut geeignet

Wenn man sich die Lage so anschaut - wie ein typischer Bürostandort sieht es an dieser Stelle nicht gerade aus ...

Fraas: Mag der Standort Tiefes Feld aus heutiger Sicht nicht als Bürostandort erscheinen, gilt es für die Zukunft zu bedenken: Man muss den Zusammenhang mit dem entstehenden U-Bahnanschluss Kleinreuth durch die U3 sehen, die nahe gelegene Südwesttangente sowie die Ergänzung zu den am Tiefen Feld geplanten urbanen Mischnutzungen. Vor diesem Hintergrund ist der Standort am Startpunkt der Neuen Rothenburger Straße für innovative Bürokonzepte in architektonisch herausragender Bauweise sehr gut geeignet. Bestens erreichbar für Menschen aus anderen Stadtteilen durch die U-Bahn und für Menschen aus dem Umland über die Südwesttangente.

Wer braucht noch große Büros?

Derzeit arbeiten viele im Home Office und die Firmen stellen fest: Ach ja, das geht auch. Werden wir in Zukunft überhaupt noch einen so großen Bedarf an Büros haben?

Fraas: Wie sich die Arbeitswelt durch die Corona-Krise langfristig verändert, das können wir derzeit noch nicht sicher abschätzen. Gespräche mit Unternehmen und auch Projektentwicklern sowie Investoren ergeben jedoch, dass die Quantität des Büroflächenbedarfs nicht wesentlich abnehmen wird - auch wenn Mobile Office- oder Homeoffice-Möglichkeiten intensiver genutzt werden.

Räume für Teamarbeit

Mit welchen veränderten Ansprüchen muss man bei den Büroflächen von morgen rechnen?

Fraas: Büros werden in wachsendem Maße zu einem Ort der Teamarbeit und des kreativen Austauschs werden, wohingegen andere Aufgaben wie die Erstellung von Schriftstücken oder ähnlichem sicher verstärkt im Homeoffice erledigt werden. Moderne Büros werden daher nicht mehr für jeden Beschäftigten einen festen Arbeitsplatz bereithalten. Aber es braucht Räume für Teamarbeit. Und diese Flächen benötigen ungleich mehr Platz als das klassische Einzelbüro. Hinzu kommt: Unternehmen haben durch die Corona-Krise erkannt, dass mit Blick auf eine krisenfeste Gestaltung von Büroflächen auch Abstandsflächen notwendig sind, um bei eventuellen künftigen Pandemien besser gerüstet zu sein.

Also mehr Platz für weniger Menschen?

Fraas: So sehe ich das. Die Quadratmeter-Zahl pro Kopf in attraktiven, modernen und kreativen Bürowelten wird sicher größer als vorher.

Und die vorhandenen Gebäude?

Gibt es konkrete Beispiele, an denen Sie den Bedarf festmachen können?

Fraas: Natürlich gab es in der ersten Zeit der Corona-Krise eine Zurückhaltung bei den Unternehmen. Allerdings gehen die Planungen jetzt in Richtung neuer Bürowelten wieder los. So wurde trotz Corona-Krise der Neubau des Ergo-Bürohauses am Hauptbahnhof bekanntgegeben. Und die Aurelis plant am Kohlenhof-Areal neben dem neuen GfK-Gebäude den nächsten Bauabschnitt.

Nürnbergs Position

Lassen sich alte vorhandene Büroflächen denn nicht auf ein neues Level bringen?

Fraas: Schwierig. In Nürnberg gibt es daher einen großen Substitutionsbedarf, viele Büros sind aus den 1960er und 1970er Jahren. Sie genügen auch den energetischen Anforderungen moderner Unternehmen nicht mehr. Daher wird auch die Umwelt Bank vom Rathenauplatz umziehen in einen hochwertigen, nachhaltig gestalteten Neubau am Nordwestring, dem früheren GfK-Standort.

Lassen Sie uns zum Schluss über Zahlen sprechen. Wie hoch ist die messbare Attraktivität Nürnbergs als Bürostandort?

Fraas: Seit Jahren befindet sich Nürnberg im Fokus bundesweit und global agierender Investoren. Das Transaktionsvolumen im Nürnberger Bürosegment erreichte 2019 mit rund 1,1 Milliarden Euro seinen Höchstwert. 2020 wurden trotz Coronakrise 740 Millionen Euro in Büroimmobilien investiert - das ist der zweithöchste Wert in der Geschichte der Stadt.

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