Jetzt ist der Stadtrat am Zug

18.000 Unterschriften gesammelt: So geht es mit dem Bürgerbegehren für ein 365-Euro-Ticket weiter

Marco Puschner

Lokalredaktion Nürnberg

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10.6.2022, 15:15 Uhr
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind zufrieden: Die Hürde, über 11.500 Unterschriften für das 365-Euro-Ticket für jedermann sammeln zu müssen, haben sie genommen. 

© Marco Puschner Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind zufrieden: Die Hürde, über 11.500 Unterschriften für das 365-Euro-Ticket für jedermann sammeln zu müssen, haben sie genommen. 

Bekommt Nürnberg doch noch zeitnah ein 365-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr? Die Initiatoren für ein entsprechendes Bürgerbegehren haben jedenfalls eine erste Hürde genommen und konnten am Freitag in ihrer Abschlussbilanz 18.000 Unterstützer-Unterschriften präsentieren.

Das Organisationsteam um die Linken-Stadtratsmitglieder Kathrin Flach Gomez und Titus Schüller sowie dem Linken-Kreisvorsitzenden Felix Heym ist stets von 12.000 Unterschriften ausgegangen, die zusammenkommen müssen, damit sich der Stadtrat mit dem Thema neuerlich beschäftigt. Exakt sind es, wie eine Anfrage der Linken-Politiker bei Wahlamtsleiter Wolf Schäfer ergab, 11.508. Das entspricht drei Prozent der wahlberechtigten Nürnbergerinnen und Nürnberger.

Bedenken wegen zu hoher Ausgaben

Nun muss der Stadtrat innerhalb eines Monats entscheiden, ob das Bürgerbegehren rechtlich zulässig ist. Die Regierung von Mittelfranken, die den Haushalt der Stadt Nürnberg genehmigen muss, hatte die Stadt eindringlich davor gewarnt, die preiswerte Jahreskarte einzuführen.


Linken-Kreischef Heym kann sich dennoch schwer vorstellen, dass der Stadtrat das Bürgerbegehren aus Haushaltsgründen heraus nicht zulässt. Immerhin leiste sich die Stadt auch die Bewerbung um die Landesgartenschau oder einen Ausbau des Kommunalen Außendienstes, den Oberbürgermeister Marcus König (CSU) in NN und NZ angekündigt hat. Es sei eine Frage der Prioritätensetzung, ob das Ticket finanzierbar ist. Kämmerer Harald Riedel (SPD) geht von einer Mehrbelastung von 23,6 Millionen Euro im Jahr aus, falls Nürnberg die Karte einführt.

"Wird nicht zu Verhandlungen kommen"

Heym verweist zudem auf das Jahr 2020 – damals haben die Linken schon einmal ein Bürgerbegehren gestartet und der Stadtrat erklärte dieses für zulässig. Dass es nicht zum Bürgerentscheid kam, lag an einer Einigung mit CSU und SPD. Das Sozialticket für einkommensschwache Menschen sollte Anfang 2021, das 365-Euro-Ticket als Kompromisslösung erst 2023 kommen. Weil der Stadtrat den damaligen Beschluss aber im vergangenen März gekippt hat, mussten Schüller und Co. wieder sammeln.

"Diesmal", sagt Linken-Landessprecherin Flach Gomez, "wird es nicht zu Verhandlungen kommen." Man strebe auf jeden Fall einen Bürgerentscheid an. Die Initiatoren werden der Stadtspitze und den Fraktionen von CSU und SPD Wortbruch vor, weil sie sich nicht an die damalige Vereinbarung gehalten hätten.

Entscheid Ende September?

Wenn der Stadtrat das Bürgerbegehren für zulässig erklärt, aber das Ticket nicht einführen möchte, muss der Bürgerentscheid innerhalb von drei Monaten stattfinden. Schüller rechnet damit, dass es Ende September so weit sein könnte. Damit das 365-Euro-Ticket für jedermann kommt, bedarf es zum einen der Mehrheit der Stimmen; zum anderen müssen zehn Prozent der Wahlberechtigten für die Jahreskarte sein.

In seiner Bilanz der Unterschriften-Aktion betonte Schüller die Bedeutung der Unterstützer-Organisationen. "Wir haben an über 120 Sammelstellen Unterschriftenlisten ausgelegt." Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) steht zum Beispiel hinter dem Bürgerbegehren, wie Rotraud Brückner, Vize-Vorsitzende des VCD in Nürnberg, erklärte.


Auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) unterstützt die Idee. Der Ansturm auf das Neun-Euro-Ticket zeige, dass man mit billigen Karten die Menschen zum Umsteigen bewegen könne, sagt der Nürnberger EVG-Geschäftsstellenleiter Matthias Birkmann. "Das Neun-Euro-Ticket kostet den Bund 2,5 Milliarden Euro."

Aber es sei nur drei Monate auf dem Markt. Deswegen stelle sich die Frage, ob derlei Summen nicht in langfristige Projekte besser investiert wären. "Wir bräuchten das 365-Euro-Ticket möglichst flächendeckend in Deutschland", findet Birkmann.

In ihrem Bürgerbegehren fordern Heym und Co. neben dem 365-Euro-Ticket für Nürnberg auch die Beibehaltung des Sozialtickets und keine Fahrpreiserhöhungen im Jahr 2023.

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