2. April 1965: Genießer "im Rennen"

2.4.2015, 06:09 Uhr
2. April 1965: Genießer

© Launer

Schon am ersten Tag der 4. Bayerischen Hotel- und Gaststätten-Ausstellung, die Ministerialdirektor Dr. Eberhard Kuchtner als Vertreter des in Bonn weilenden Wirtschaftsministers eröffnete, strömten die Menschen in hellen Scharen herbei. Sie wußten: hier gibt es nicht nur etwas zu sehen, hier gibt es auch etwas zu schmecken. Diese Kenner der Materie, „Seine Majestät, der Gast“ genannt, hatten keine Ahnung, daß vor dem Preis der Schweiß steht – und das nach altüberlieferten Riten zunächst, bei der offiziellen Ouvertüre, die Kehlen trocken bleiben.

Im Gemeindehaus Maxfeld, Ausweichquartier bei Ausstellungs-Eröffnungen, begrüßte der Hauptgastgeber, nämlich Präsident Xaver Heilmannseder vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband, die vielen Honoratioren und Konsumenten. Sie waren aus dem ganzen Bundesgebiet herbeigekommen. Er konnte und wollte es bei einer solchen Gelegenheit nicht in seiner Ansprache versäumen – obwohl das „Lerchenquartett“ von Haydn für freundliche Töne sorgte – in „ernste Tasten“ zu greifen.

2. April 1965: Genießer

© Launer

Er schilderte die Aufgaben, die trotz vieler Rationalisierungsmaßnahmen auf das Gastgewerbe zukommen, forderte die Einführung eines fachkundlichen Nachweises für Gastronomen, erläuterte das stetige Wachsen der Ansprüche und versicherte, daß aus eigener Kraft geschafft würde, was zu erreichen sei. Die Regierung möge jedoch helfen, den Berufsstand zu heben. In Vertretung des Oberbürgermeisters verbreitete Wirtschaftsreferent Professor Dr. J. S. Geer die Grüße der Stadt und sprach von einer „kulturellen Sendung“, die das Gastgewerbe habe: „Wir müssen unsere Eigenart wahren!“

Ministerialdirektor Dr. Kuchtner erinnerte daran, daß in Westdeutschland heuer noch vier und im engeren Europa noch 40 ähnlich große Ausstellungen stattfinden. Nachdem nur 7. v. H. Ausländerübernachtungen im größten Reiseland der Bundesrepublik, nämlich Bayern, zu verzeichnen seien, wünschte er eine stärkere Auslandswerbung. Da das Statistische Bundesamt festgestellt habe, daß nur 25 v. H. „Innerdeutsche“ im Urlaub verreisen, müsse aber auch im eigenen Land lauter appelliert werden. Deutlich sagte Dr. Kuchtner, was sich der Feriengast bei seinem bemessenen Ausflug verspricht: Ruhe, Bequemlichkeit und Unterhaltung.

Der Ort, der ihm das bietet, wird das Rennen machen. Gerade die alten Städte wie Nürnberg und Würzburg, zwar schwer vom Krieg heimgesucht, böten wie viele andere Gemeinden kulturellen Reiz. Die anmutige, noch nicht „zersiedelte“ Landschaft Nordbayerns könnte und werde Anziehungspunkte schaffen. Unterstützung sei den emporstrebenden Gastronomen, die dem Fremdenverkehr dienen, gewiß. Dann aber, nach den drei Reden, ging es hinein in die Ausstellung, für deren Gelingen sich Tausende von Händen gerührt haben.

An allen Ständen, einer nach dem anderen ein einfallsreiches Bild für sich, wurden „Häppchen“ serviert. Oberstaatsanwalt Hans Sachs dankte, als ihm an einer der vielen Sekt-Theken ein Glas angeboten wurde: „Draußen steht mein Auto!“, sagte er. Polizeipräsident Erich Hess griff hingegen zum Kelch. Er hatte seinen Fahrer vor der Tür wartend und nüchtern. Ohne Bedenken machte Staatsminister a. D. Dr. h. c. Rudolf Eberhard mit, als ihn der Schwarm von Fotografen zum Zugreifen aufforderte – beim Wurstschnappen im „Schlaraffenland“, das wahrlich für alle Gaumenfreunden eine Fundgrube ist. Was blieb ihm auch anderes übrig? Er ist Präsident des Fremdenverkehrsverbandes Nordbayern. So ging's reihum. Es war ein Wirbel ohnegleichen – vor Plattenschau, gedeckten Tischen und Kaffeebars. Überall wurde genippt, bis daß sich die Prominenz zum großen Festtags- „Dinner“ ins Grand-Hotel zurückzog. Aber, aber: das Publikum hat noch bis 7. April seine Chance, bei allen Späßen mitzumachen. Lukullus' Reich steht offen . . .

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