20. Januar 1968: 1968: Jahr der U-Bahn und Straßen

20.1.2018, 07:00 Uhr
20. Januar 1968: 1968: Jahr der U-Bahn und Straßen

© Gerardi

Sein "Etat" der in Spitzenjahren auf rund 40 Millionen DM geklettert war, beträgt heuer – die Mittel für den Bauunterhalt nicht gerechnet – rund 25 Millionen Mark. "Das ist immer noch eine beachtliche Größe", erklärt der Leiter des Hochbauamtes. Die lange Liste, die er für dieses Jahr zusammengestellt hat, bestätigt seine Worte.

Zunächst einmal muß an den begonnenen Bauten weitergearbeitet werden. Dazu gehören beispielsweise die Volksschule Insel Schütt oder der Bau 14 der Krankenanstalten, die Großschlachtanlage im Schlacht- und Viehhof, das Hallenbad Süd und das Gemeinschaftshaus in Langwasser, das der Bevölkerung der Trabantenstadt im Herbst bereits als "Miniatur-Meistersingerhalle" dienen soll. In diesen Kreis gehört außerdem die Generalinstandsetzung des Bismarckschulhauses.

20. Januar 1968: 1968: Jahr der U-Bahn und Straßen

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Neu dazu kommt die erste Nachbarschaft der Sozialwohnungen im Schafhoflager, ein Vorhaben, für das der Stadtrat bereits eine Million Mark bereitgestellt hat. Das Hochbauamt wird obendrein mit dem Bau des Spielzeugmuseums an der Karlstraße beginnen und die Volksschule an der Herriedener Straße errichten. Während die Erweiterung des Neuen Gymnasiums noch "in der Luft liegt", steht bereits fest, daß mit dem Baubeginn der Volksschule Langwasser III in der Nachbarschaft U erst Anfang 1969 zu rechnen ist.

Es bleibt also – auch wenn die Aufgaben weniger werden – im Hochbau noch genügend zu tun. Die Zeichen der Konsolidierung sind jedoch deutlich. Oberbaudirektor Otto-Peter Görl kommentiert sie mit einem Satz: "Wir wollen die Welt von morgen nicht an einem Tag erbauen."

Vom Straßenbau bis zur Stadtentwässerung, von der Brücke bis zum U-Bahnhof reicht die Palette der Vorhaben, die das Tiefbauamt in diesem Jahr verwirklichen oder zumindest anpacken will. Allein 23 Straßen und Plätze werden ein neues Gesicht bekommen. Es stehen 71 Erschließungsstraßen auf dem Programm. 49 neue Kanäle werden verlegt. Der Titel "Hauptsammler und Vorfluter" umfaßt 19 Projekte.

20. Januar 1968: 1968: Jahr der U-Bahn und Straßen

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Oberbaudirektor Karl Schaller muß sich deshalb darauf beschränken, einige "Schmankerln" herauszusuchen. In acht bis neun Monaten, so versichert er, wird der Straßenbau auf der Südseite des Wöhrder Talüberganges zu Ende gehen und die Straßenbahn hoch gelegt sein. Außerdem verspricht er den Nürnbergern, daß sie am Ende des Jahres die ersten Umrisse des Wöhrder Sees erkennen werden, zumal auch das Wasserwirtschaftsamt damit beginnen wird, den Abflußschlauch westlich der Brücke und die östliche Flußrinne bis in die Höhe der Voigtländerstraße zu errichten.

Dicke U-Bahn-Brocken wie die Brücken und Bahnhöfe entlang der ersten Strecke zwischen der Bauernfeindstraße und der Liegnitzer Straße, Brücken und Straßen im Hafengebiet und die Hochbrücke an der Fürther Straße, die voraussichtlich schon in diesem Jahr im Rohbau stehen wird, vervollständigen die umfangreiche Liste, die auch die Kanalisation in Buchenbühl, Ziegelstein und Buch enthält. "Auch die Bauern brauchen ein Bad. Schwarz haben Sie‘s ja schon. Wir haben ein Auge zugedrückt", schmunzelt Oberbaudirektor Karl Schaller, der – über den Daumen gepeilt – auf runde 60 Millionen Mark kommt, die durch sein Amt in den nächsten zwölf Monaten verbaut werden.

Ein grüner Fleck am Pegnitzufer

Wesentlicher bescheidener geht es im Gartenbauamt zu. "Gemessen an den Jahren 1960 bis 1966 haben wir nur kleine Fische", erklärt Direktor Theo Friedrich. Doch er darf sich trösten. Seine "kleinen Fische" sind samt und sonders "Zierfische" wie die Grünanlage zwischen der Karl-von-Linde-Straße und der Merseburger Straße, die Spazierwege, Ruheplätze und gegen die Kasseler Straße zu einem Lärmschutzwall bekommen wird. 110 000Mark kostet die Gestaltung des 6800 Quadratmeter großen Geländes.

Zu den Aufgaben von Gartenbaudirektor Theo Friedrich gehört es, mit dem ersten Abschnitt der Anlage an der Blücherstraße fertig zu werden und mit dem zweiten Teil von der Leopoldstraße bis zur Gernotstraße zu beginnen, der als ausgesprochene Ruhezone für die Insassen eines benachbarten Altenheimes gedacht ist, aber auch der übrigen Bevölkerung zur Verfügung steht.

Der Gartenbaudirektor möchte obendrein den Kinderspielplatz am Budapester Platz "möblieren", der mit Hilfe das Rotary-Clubs Nürnberg-St. Sebald entstanden ist. Außerdem müssen eine Reihe von Pflichtaufgaben erledigt werden: die Anschlußflächen am Esso-Motor-Hotel, die Außenanlagen am wiederaufgebauten Tucherschlößchen, die gärtnerische Gestaltung des Geländes an der Volksschule Insel Schütt oder um das Gemeinschaftshaus Langwasser.

Auf einer Flurbereinigungsfläche entsteht südlich von Höfen und nördlich der Kriegsopfer-Siedlung die Dauerkleingartenanlage am Leitenfeld. 32 Lauben haben die Kleingärtner im vergangenen Jahr schon aufgestellt, 50 weitere Parzellen werden heuer noch errichtet.

Ungewiß ist dagegen noch, ob 1968 ein weiteres hübsches Vorhaben gelingt: die Grünanlage an der Nägeleinsgasse, just dort, wo sich jetzt auf Trümmergelände parkende Autos zu einer "Blechdach-Plantage" versammeln. Dort wird ein "Gärtla" und ein kleiner Parkplatz entstehen, aber die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Theo Friedrich hat das Jahr 1971 im Auge. "Es wäre gut, wenn wir das heuer noch auf die Gabel nehmen könnten, damit bis zum Dürer-Jahr die Bepflanzung schon etwas gewachsen ist", wünscht sich der Gartenbaudirektor.

In den Nachbarschaften I, M und L im Süden sowie in der Nachbarschaft U im Norden befinden sich zur Zeit 1.083 Wohnungen im Bau. Diplom-Volkswirt Joseph Haas, der Direktor der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Nürnberg (WBG) rechnet damit, daß mit weiteren 1.000 Wohnungen begonnen werden kann.

Ein Ausblick in die Zukunft: "Im Süden wird – die Nachbarschaften E, F und G ausgenommen – alles bis Ende 1969 bebaut und fertig sein", meint Diplomvolkswirt Haas, der aber anderseits seine Befürchtungen nicht verhehlt: "Schwierigkeiten sehe ich, wenn das zweite Konjunkturprogramm ausläuft und allgemeine Förderungsmittel nicht kommen. Das dürfte, wenn keine anderen Wege gefunden werden, 1969 der Fall sein."

"Für jeden Bürger etwas"

Aber nicht nur in Langwasser, auch in der Innenstadt wird sich manche Lücke schließen. Baureferent Heinz Schmeißner hofft, daß – ebenfalls wieder mit dem Blick auf das Dürer-Jahr – das Gelände westlich des Germanischen Nationalmuseums durch die IG Metall bebaut wird, daß die Allgemeine Ortskrankenkasse auf dem Platz des früheren Industrie- und Kulturvereins bald zu bauen anfängt. Außerdem lassen die Vorbereitungen für die Plärrer-Umbauung hoffen, daß sich auch an dieser Ecke in der nächsten Zeit etwas rührt.

So wird das Jahr 1968 zwar nicht als Jahr der Baugruben und Kiesberge, der Straßensperren und Umleitungen in die Geschichte Nürnbergs eingehen. Aber allein der Versuch, einige der wichtigsten Vorhaben aus den Listen herauszugreifen, zeigt eine vielfältige Bautätigkeit, der das Prädikat "Für jeden etwas" zuerkannt werden kann.

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