21. Januar 1966: Ein Millionär verschenkte sein Vermögen

21.1.2016, 07:00 Uhr
Zwei Millionen kommen aus dem Nachlass des verstorbenen Fabrikanten dem Alterskrankenhaus im Sebastianspital zugute.

© Gerardi Zwei Millionen kommen aus dem Nachlass des verstorbenen Fabrikanten dem Alterskrankenhaus im Sebastianspital zugute.

Hintermayr war seit 1959 der geheimnisumwitterte Spender von einer Million Mark für das Altersheim am Platnersberg, nun aber wird auch noch sein ganzes Vermögen an die Allgemeinheit verteilt; davon sind zwei weitere Millionen für ein Alterskrankenhaus bestimmt.

Von dieser Nachricht wurde der Stadtrat so überrascht, daß er noch nicht weiß, welche Ehren er dem bescheidenen Mann posthum widerfahren lassen soll. Die Spenden des Fabrikanten waren bis gestern das bestgehütete Geheimnis in Nürnberg, denn es war Fritz Hintermayrs ausdrücklicher Wunsch gewesen, daß zu Lebzeiten nichts darüber verlautet wird.

Nur Sozialreferent Dr. Max Thoma, der die Fäden zu dem edlen Spender geknüpft hatte, und einige wenige Männer an der Spitze der Stadtverwaltung kannten seinen Namen. Die Fragen nach dem Stifter der einen Million für das moderne Altersheim am Platnersberg beantworteten sie in all den zurückliegenden Jahren mit einem Achselzucken.

Fritz Hintermayr hat aber nicht nur seiner Wahlheimat Nürnberg Millionen überlassen, sondern auch seine Vaterstadt Augsburg und Haunstetten nahe der Lech-Metropole mit hohen Beiträgen beim Bau von Altersheimen unterstützt.

Sein Name wurde einer breiten Öffentlichkeit erst bekannt, als er vor knapp einem Jahr auch als der Stifter der Glocken und der Orgel für die neue evangelische Kirche in Reichelsdorf genannt wurde. „Er war jedoch auch stets bei der Hand, um Organisationen (wie etwa den Alpenverein) und einzelnen Personen in schwierigen Lagen zu helfen“, erklärte Sozialreferent Dr. Max Thoma.

Für den Führerschein nach Nürnberg

Eine Million stiftete Fritz Hintermayr zu Lebzeiten für das Altersheim am Platnersberg, das zu den vorbildlichsten Einrichtungen dieser Art in der Stadt gehört.

Eine Million stiftete Fritz Hintermayr zu Lebzeiten für das Altersheim am Platnersberg, das zu den vorbildlichsten Einrichtungen dieser Art in der Stadt gehört. © Gerardi

Wer war dieser ungewöhnlicher Mann, der selbst anspruchslos und bescheiden gelebt, aber ein Millionenvermögen verschenkt hat? Fritz Hintermayr wurde am 7. Mai 1896 als drittes und letztes Kind eines Monteur-Ehepaares in Augsburg geboren. Als Maschinenbauer trat er in die Fußstapfen seines Vaters und machte durch seinen Fleiß bald schon so von sich reden, daß ihm der Augsburger Magistrat eine Prämie für besondere Leistungen zuerkannte. Ein Zufall führte den Facharbeiter im Jahre 1915 nach Nürnberg, denn nur hier oder in München konnte er damals seine Führerscheinprüfung ablegen.

Die alte Stadt begeisterte den jungen Mann so sehr, daß er nach seiner Soldatenzeit als Bordmechaniker bei einer Jagdflieger-Staffel in ihre Mauern zurückkehrte. Nach einem kurzen Zwischenspiel in einer Mühlenfabrik wandte er sich dem Motorradbau zu. Er stieg in den Mars-Werken zum Meister auf und wurde später Betriebsleiter bei Zündapp. 1925 machte sich Fritz Hintermayr selbständig; er stellte zunächst Sättel und Taschen für Motorräder her. Aus diesen bescheidenen Anfängen heraus baute er ein Unternehmen auf, das in der Folgezeit kaum noch Konkurrenz zu fürchten hatte.

Im zweiten Weltkrieg sank der Betrieb in der Senefelderstraße, dem die Badeofen-Abteilung der Bing-Werke einverleibt worden war, in Schutt und Asche. „Fritz Hintermayr ließ sich durch einen solchen Schicksalsschlag nicht entmutigen“, bestätigte ihm Dr. Thoma. Er fing noch einmal von vorne an, baute das Werk mit einem anerkannten Namen für kleine Vergaser wieder auf und schuf dabei ein Unternehmen mit einem Personal von 500 Menschen. Seinen treuen Belegschaftsmitgliedern hat er Beträge von 10 000 Mark und mehr bei seinem Tode vermacht. Der Betrieb wurde kürzlich verkauft.

Bescheidenes Leben als Junggeselle

In seinem Privatleben fiel Fritz Hintermayr kaum auf. Der Junggeselle führte ein bescheidenes Haus in Reichelsdorf, in dem er von einer Haushälterin versorgt wurde. Seine einzige Leidenschaft galt den Bergen: als Hochtourist hat er die Gipfel des Monte Rosa und Montblanc und der Stubaier Alpen bestiegen. Die „Nürnberger Hütte“ und die „Fritz-Hintermayr-Hütte“ sind Stiftungen an seine Bergfreunde. Daß einem dieser Häuser sein Namen gegeben wurde, war das äußerste, was er zuließ. Der Fabrikant machte so wenig aus sich selbst, daß er nicht einmal ein Porträt-Photo hinterließ. Nach seinem Tode mußte eine Amateuraufnahme hergenommen werden, um das Bildnis dieses Mannes festzuhalten.

Von seinem Ableben am 24. August 1964 wurden seine Angehörigen ebenso überrascht wie seine Freunde. Fritz Hintermayr hatte noch nicht einmal ein Testament zu Papier gebracht, so daß sein Bruder Max aus flüchtigen Notizen den letzten Willen herauslesen mußte. Darin hatte der Fabrikant auch das Ergebnis einer Rundfahrt mit Dr. Thoma festgehalten, bei der das Alterskrankenhaus beim Sebastianspital einer weiteren Stiftung für würdig befunden worden war.

„Bis zuletzt hat Hintermayr überlegt, wie und wo er helfen kann!“, sagen übereinstimmend sein Bruder und Dr. Thoma. Seine angeborene Sparsamkeit hat er dazu ausgenutzt, Werke der Wohltätigkeit zu vollbringen. „Wir haben dieser einmaligen Persönlichkeit in der Geschichte unserer Stadt sehr, sehr herzlich zu danken, aber auch ihren Erben, die ohne direkte Verpflichtung Hintermayrs Idee nach seinem Tode in die Tat umgesetzt haben“, erklärte der Sozialreferent den Stadtvätern.

Die Stadt Nürnberg will sich überlegen, wie sie das Andenken dieses großherzigen Mannes würdig bewahren kann. Für alle Stadträte sagte Oberbürgermeister Dr. Urschlechter: „Der Name dieses Mannes soll in alle Zukunft an ein leuchtendes Vorbild erinnern!“

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