22. Januar 1970: Messegelände für 125 Millionen

22.1.2020, 07:31 Uhr
22. Januar 1970: Messegelände für 125 Millionen

© Contino

Wirtschaftsreferent Dr. Wilhelm Doni hat dem Stadtrat gestern in einem 21 Seiten starken Bericht darzulegen versucht, daß Nürnberg in jedem Fall wegen des Messegeländes tief in die Tasche greifen muß.

Bliebe es beim bisherigen Standort an der Bayreuther Straße, so müßten nach seiner Rechnung bis zum Jahre 1980 fast 82 Millionen DM ausgegeben werden, um den Bedarf an Ausstellungs- und Parkfläche zu befriedigen und die Bauten zu renovieren. Die Kosten für den Umzug auf das 49 Hektar große Gebiet zwischen Schuttberg an der Bauernfeindstraße und der Karl-Schönleben-Straße liegen bei etwa 125,1 Millionen DM. Mit der kleinen Lösung am Maxfeld müßte Nürnberg freilich damit zufrieden sein, daß auch künftig nur Konsumgütermessen abgehalten werden können. Im anderen Fall würden vielseitig verwendbare Neubauten entstehen.

Bei diesen Aussichten wird die Entscheidung des Plenums – die Fraktionen werden sich noch mit Dr. Doni und Baureferent Heinz Sehmeißner beraten – in 14 Tagen vermutlich zugunsten einer Verlagerung ausfallen.

In seiner Schrift geht der Wirtschaftsreferent davon aus, daß für die Internationale Spielwarenmesse bis 1975 etwa 60 000, fünf Jahre später 70 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche benötigt werden. Dazu kommt ein gewaltiger Mehrbedarf an Parkplätzen. Um diesen Anforderungen am alten Platz gerecht werden zu können, müßte ein theoretisch möglicher Neubau für 6,8 Millionen DM errichtet werden.

Doch damit hebt das Jonglieren mit gewaltigen Summen erst an: In seinem Bericht führt Dr. Doni außerdem an: Gebäudeinstandsetzung (vier Millionen DM), technische Einrichtungen wie Klima- oder Sprinkleranlagen (elf Millionen DM), neue Parkplätze (55 Millionen DM) und eine Verkehrssanierung rings um das Messegelände (fünf Millionen DM).

22. Januar 1970: Messegelände für 125 Millionen

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Diesen Ausgaben werden die Kosten für ein Vorprojekt gegenübergestellt, das eine Baugesellschaft zusammen mit Architekt Harald Löbermann für die Stadt ausgearbeitet hat und auf dem Gelände im Süden – 12 Hektar gehören den Nürnbergern, 35 dem Land Bayern – verwirklicht werden könnte. Danach sind zwölf erdgeschossige Hallen mit 89 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche und fast 25 000 Quadratmeter Nebenräumen vorgesehen, darunter eine Mehrzweckhalle, in der auch Sport getrieben werden kann. Insgesamt 19 530 Quadratmeter blieben einem Service-Zentrum, der Verwaltung, Wohnungen und Verbindungsgängen vorbehalten.

Zuerst sechs Hallen

125,1 Millionen Mark – so schätzen die Planer – würde eine solche großzügige Messe-Einrichtung erfordern, wobei freilich im ersten Bauabschnitt nur knapp drei Viertel dieser Summe fällig würden – voraussichtlich sechs Hallen mit dem erforderlichen Zubehör. Ein nahezu preisgünstiges Angebot für ein neues Gelände: so sieht es auf den ersten Blick aus, denn schließlich steht 1. eine Be-teiligung des Landes zur Debatte, und kann 2. ein respektabler Erlös aus der Verwertung des bisherigen Geländes an der Bayreuther Straße erwartet werden.

Neben den vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten, der Nähe von Autobahn, U-Bahn und einem "Messe-Boulevard", an dem die Hallen und die zentralen Anlagen hängen, tut sich bei dieser Anlage eine bestechende Perspektive auf: bei der Lage des Standortes in der Nachbarschaft des Volksparks Dutzendteich und der Wohngebiete in Langwasser, unter Einbeziehung der Meistersingerhalle, des Stadions, des Volksfestplatzes und der Grünanlagen könnte ein großes Messe-, Ausstellungs-, Sport- und Erholungszentrum geschaffen werden, das den Vergleich mit "Planten und Blomen" in Hamburg, dem Essener "Gruga-Park" oder dem Dortmunder "Westfalen-Park" nicht zu scheuen braucht.

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