23 Fragen an André Debus

5.1.2010, 00:00 Uhr
23 Fragen an André Debus

© Debus

André Debus: Wirklich sicher war ich mir erst mit etwa 24 Jahren, als deutlich wurde, dass alle Alternativen für mich zur Sackgasse geraten würden.

NZ: Auch Genies haben Hunger: Was haben Sie gestern zu Mittag gegessen?

Debus: Kann ich mich nicht erinnern, Essen ist bei mir absolut sekundär. Was Genies zu Mittag essen, kann ich Ihnen auch nicht beantworten. Ich kenne nämlich keines persönlich.

NZ: Wo fängt Kunst an und wo hört sie auf?

Debus: Kunst beginnt, wenn sich eine nonverbale Kommunikation zwischen Künstler und Kunstbetrachter vermittels eines Kunstwerkes entspannt. Kunst endet, wenn diese nicht zustande kommt. Also ist sie betrachterabhängig, allerdings verlangt sie auch, dass der Künstler bereit ist, nicht nur von sich selber zu erzählen, sondern einen gemeinsamen Diskurs sucht.

NZ: Welche Techniken stehen Ihnen zu Gebote?

Debus: Da ich gerne Versatzstücke alter Meister verwurste, verwende ich fast alle klassischen Techniken der Malerei und Druckgrafik. Aber ich experimentiere auch gerne mal mit Videos oder den digitalen Möglichkeiten des Internets.

NZ: Welchen zeitgenössischen Nürnberger Künstler schätzen Sie besonders – und warum?

Debus: Wir haben im bundesweiten Vergleich eine hohe Dichte hervorragender junger Künstler. Als Beispiel möchte ich Dashdemed Sampil nennen, den ich für den vielleicht intensivsten Maler der Region halte. Aber es sind ihm einige Kollegen mit ihrem internationalen Niveau dicht auf den Fersen.

NZ: Was ist der Sinn des Lebens?

Debus: Ich bin sehr religiös. Für mich ist der Sinn des Lebens in den hohen moralischen und gesellschaftlichen Wertmaßstäben Gottes zu suchen, die wir in der Bibel dargelegt finden.

NZ: Wie wichtig ist Ihnen die so genannte Hochkultur wie etwa Staatstheater, Opernhaus, klassische Konzerte?

Debus: Leider fehlen mir Zeit und Mittel, um öfter die kulturellen Veranstaltungen anderer Kunstsparten zu besuchen. Zuletzt war ich ein paar Mal Gast bei klassischen Konzerten. Sobald ich einen tollen Galeristen habe, der mein Marketing übernimmt, reserviere ich mir eine Loge in der Oper und lasse mir zum Malen Kammermusik im Atelier live aufführen.

NZ: Wie hart ist der Konkurrenzkampf unter Künstlern in Nürnberg?

Debus: In der jüngeren Generation ist der Konkurrenzkampf deutlich spürbar. Glücklicherweise resultiert daraus auch die oben angesprochene, gehobene Qualität. Ich empfinde den Umgang mit dem Thema Konkurrenz gegenüber den meisten meiner Kollegen als einen entspannt-freundschaftlichen Wettkampf. Viele sehe ich regelmäßig oder sogar fast täglich. Wir unterhalten uns über Neuigkeiten am Kunstmarkt, Wettbewerbe und sprechen miteinander über unsere neuen Arbeiten.

NZ: Hat man größere Chancen bei den Frauen, wenn man Künstler ist?

Debus: Das könnte ich so nicht bestätigen. Überhaupt wüsste ich keinerlei Zusammenhang zwischen bildender Kunst und zwischengeschlechtlicher Attraktivität.

NZ: Wie wichtig ist die öffentliche Förderung der Künste?

Debus: Wenn sie im Rahmen bleibt und auswählt, ist sie sehr wichtig. Aber wie bei Süßigkeiten kann ein Zuviel Bauchschmerzen bereiten. Wir müssen uns speziell in Nürnberg damit auseinandersetzen, in Zukunft verstärkt auch mit privaten Förderern zusammenzuarbeiten.

NZ: Wozu braucht es eine Kunstakademie?

Debus: Die Kunstakademie schafft jungen Künstlern den Freiraum, sich fünf Jahre intensiv mit der Kunst, ihrer Theorie und dem Kunstmarkt auseinanderzusetzen. Die Werkstätten bieten die Möglichkeit, sich eine fundierte Technik anzueignen. Allerdings werden diese Möglichkeiten nicht von jedem optimal genutzt. Dafür bräuchte es dann keine Kunstakademie!

NZ: Beschreiben Sie ihr derzeit schlechtestes Werk – und Ihr bestes?

Debus: Mein derzeit schlechtestes wird gerade mit meinem (hoffentlich) demnächst besten Werk übermalt.

NZ: Haben Sie jemals mit dem Gedanken gespielt, Nürnberg zu verlassen – und warum sind Sie immer noch hier?

Debus: Seit meiner Kindheit liebe ich diese Stadt und ich würde sie nur temporär verlassen wollen. Trotzdem ist es mir sehr wichtig, ein Auge auf die internationale Entwicklung der Kunstszene zu haben. Über mein Blog www.andre-debus.blogspot.com, das zu den meistgelesenen deutschsprachigen Kunstblogs gehört, halte ich Kontakte zu einigen erfolgreichen Künstlern und auch Kritikern im In- und Ausland.

NZ: Wo in Nürnberg finden die besten Ausstellungen statt?

Debus: Leider schwankt die Qualität an den einzelnen Ausstellungsorten sehr stark. Am ehesten bekommt man internationales Niveau in den großen städtischen Institutionen zu sehen. Aber auch viele der nicht so kommerziell orientierten Veranstalter machen immer wieder prima Ausstellungen. Besonders von dem neuen Brennpunkt Muggenhof mit der Zentrifuge und den Ateliers «Auf AEG» erhoffe ich mir für die Zukunft die ganz große Qualität.

NZ: Wenn Sie noch einmal ganz von vorne anfangen könnten – was würden Sie dann anders machen?

Debus: Die Fehler, die ich gemacht habe, waren immer in einem Bereich, für den ich mich noch entschuldigen konnte – und das hoffentlich auch hinreichend getan habe.

NZ: Wie haben Sie eigentlich Ihren Eltern beigebracht, dass Sie Künstler sind?

Debus: Ich habe ihnen einfach gesagt, dass ich mich an der Akademie um ein Studium bewerbe. Sie hatten so etwas schon länger befürchtet, waren aber wohl froh, dass ich bereits einen Beruf erlernt und schon mehrere Jahre Berufserfahrung hatte. Heute könnte ich ohne die Unterstützung meiner Eltern nicht in dem Maßstab meiner Kunst nachkommen, wie dies momentan der Fall ist.

NZ: Wann nervt Kunst?

Debus: Wenn sie so elitär wird, dass selbst der Fachbetrachter nach eingehenden Erklärungen noch nicht weiß, was sie will. Solche Sperrigkeiten hängen und stehen gerne einmal auf der «documenta» oder ähnlichen Dinosaurierveranstaltungen herum.

NZ: Was ist Stil?

Debus: Etwas für Kunsthistoriker, die die Abläufe der Geschichte erklären müssen. Für lebende Künstler ist Stil eine Falle, die sie in ihrer Freiheit einschränkt. Ich schätze in diesem Zusammenhang die stilvolle Stillosigkeit eines Gerhard Richter.

NZ: Lesen Sie Kritiken über sich?

Debus: Ich verschlinge sie! Meine liebsten Textpassagen kann ich Ihnen auswendig aufsagen.

NZ: Wie finden Kinder Ihre Werke?

Debus: Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus, zumeist jedoch positiv. Die Meinung von Kindern ist mir immer wichtig, denn sie achten auf ganz andere Dinge, als wir das tun würden.

NZ: Wie heilig ist Ihnen die Kunst?

Debus: Die Kunst ist heutzutage ein unterhaltsames Gesellschaftsspiel, bei dem es um Geld und öffentliche Aufmerksamkeit geht. Heilig ist und war Kunst noch nie. Dafür ist sie zu menschlich.

NZ: Haben Sie Angst vor dem Tod?

Debus: Vor dem Tod an sich nicht. Das Sterben allerdings halte ich für einen abnorm besorgniserregenden Vorgang.

NZ: Was ist Schönheit?

Debus: Betrachterabhängig! Für mich persönlich ist Schönheit von einem großen, den ganzen Körper durchdringenden Glücksgefühl begleitet. Ich habe sie in der Natur, in mathematischen Formeln, in so manchem Musikstück als auch in antiker und mittelalterlicher Kunst gefunden. In der Gegenwart vermisse ich sie manchmal.

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