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23. Juli 1971: Hochschule im alten Pegnitz-Bett

23.7.2021, 07:00 Uhr
23. Juli 1971: Hochschule im alten Pegnitz-Bett

© Contino

Die Wahl des Standortes kann allenfalls noch dadurch umgestoßen werden, daß der Staat ein zentral gelegenes Grundstück im Dreieck Nürnberg-Fürth-Erlangen für einen Gesamthochschulbau vorzieht.

Auf jeden Fall wird der Freistaat beträchtliche Mittel in Nürnberg investieren. Dies geschieht dann allerdings zwei Jahre zu spät, denn das Fachhochschulgesetz tritt bereits in acht Tagen, am 1. August, in Kraft. Praktisch ist Nürnberg damit Sitz einer staatlichen Fachoberschule, obwohl die staatlichen Mittel erst ab 1973 fließen werden. In der Kraft Gesetz gegründeten Fachhochschule gehen das Ohm-Polytechnikum, die höheren Fachschulen für Wirtschaft, für Sozialarbeit und -pädagogik sowie für Grafik und Werbung auf.

Da am Wöhrder See nicht für alle Studenten Platz sein wird, wird ein Teil von ihnen im Neubau der 6. Fakultät der Universität Nürnberg-Erlangen auf dem Gelände der Tucher-Brauerei einziehen.

Darüber, daß sich der Staat finanziell stärker in Nürnberg engagiert, kann sich der Stadtkämmerer die Hände reiben. Denn ab Herbst 1972 zahlt nicht die Stadt, sondern das Land die Lehrkräfte. Ersparnisse im Jahr: zwei Millionen DM. Dieser Betrag – nach den geltenden Investitionsabschreibungen verzehnfacht – könnte die Berufsschulprobleme in Nürnberg spürbar mildern. Außerdem stehen der Stadt nach der Fertigstellung des geplanten Fachhochschul-Neubaues wenigstens 20 der bisher belegten Unterrichtsräume zu anderen Schulzwecken zur Verfügung.

Auch die Studenten können auf lange Sicht mit Verbesserungen rechnen. Nicht nur, daß die Fachhochschule bedeutend mehr Studienbewerber aufnehmen und das Bildungsniveau höher schrauben kann. Auch Gastwirtschaftssäle wie der im „Kalbsgarten“ oder Säle in Pfarrhäusern werden als Studienräume der Vergangenheit angehören. Die Stadt, bisher finanziell hoffnungslos überfordert, hatte solche Räume anmieten oder umbauen müssen. Sie war in diese Zwangslage geraten, nachdem ihr der Staat die Hauptlast, die Raumbeschaffung und die Personalbesoldung der höheren Fachschulen, aufgebürdet hatte.

Eine der Schulen, deren Namen man bald offiziell nicht mehr hören wird, ist das Ohm-Polytechnikum. Seit 148 Jahren bildete es Techniker aus. Von 1868 bis 1907, als es noch „Königlich Bayerisches Technikum“ hieß, beendeten 1.450 Studenten hier ihr Studium. Allein im vergangenen Sommersemester waren es 1.680 Studenten. also mehr als damals in 39 Jahren.

Letzter großer Erfolg des Ohm-Polytechnikuns: 1971 stellte es den Behörden, der Wirtschaft und der Industrie insgesamt 428 graduierte Ingenieure zur Verfügung. Wie Oberbaudirektor Friedrich Lauck feststellte, bleiben ungefähr 80 Prozent der Absolventen im näheren Einzugsgebiet.

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