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23. Oktober 1971: Fahrt im „Burg-Drachen“ zur Patrizierhochzeit im Rathaus

23.10.2021, 07:00 Uhr
23. Oktober 1971: Fahrt im „Burg-Drachen“ zur Patrizierhochzeit im Rathaus

© Archiv

Doch es gibt noch eine Reihe weiterer Vorschläge, die der einheimische Marktforscher Werner Maar (41) im Auftrag der Stadtverwaltung ausgeknobelt und in einer umfänglichen Studie zusammengefaßt hat.

Obwohl die Nürnberger Innenstadt mit Gastronomie gut bestückt ist und obwohl in den Lokalen zu schwachen Zeiten viele Stühle leer bleiben, redet Maar in seiner Untersuchung weiteren Wirtschaften (vor allem fränkisch-rustikale Machart) das Wort.

Er hat es in erster Linie auf die Hintere Insel Schütt abgesehen, die unbestritten einen traurigen Eindruck macht. Wegen des Großparkplatzes aber könnte beim Wespennest eine rasthausähnliche Gaststätte entstehen, möglicherweise halb über die Pegnitz gebaut.

23. Oktober 1971: Fahrt im „Burg-Drachen“ zur Patrizierhochzeit im Rathaus

© Bauer

Obendrein spinnt der Marktforscher den Gedanken fort, die runden Türme (oder wenigstens einen davon) gastlich zu nutzen. Besonders geeignet erscheint auch ihm der Neutorturm, von dessen runder Plattform sich ein besonders attraktiver Blick über die Altstadt auftut.

In beiden Fällen müßte freilich private Initiative den Anstoß geben. Denn die Stadt kann bei der augenblicklich miserablen Finanzsituation keinen Pfennig für solche Einrichtungen erübrigen. Aus dem gleichen Grunde werden wohl auch das Hobby-Zentrum mit „do-it-yourself“-Werkstatt für jedermann, ein eigenes Gelände für Film- und Fotoamateure sowie das Kinder-Paradies zunächst in der Schublade bleiben.

Eine solche Oase für die Sprößlinge will Werner Maar dem Spielzeug-Museum zuordnen. „Kinder sehen nicht nur im Anschauen, sondern im Mitmachen ihr Ideal. Sie möchten bauen und zerstören, malen und schmieren, schauen und anfassen'“, erklärt der Marktforscher, dem in der ohnehin kinderfeindlichen Altstadt die inzwischen zu einem Begriff gewordenen Malstunden im Germanischen Nationalmuseum nicht genügen. Gleichzeitig regt er wegen der bereits vorhandenen einschlägigen Geschäfte eine „Kinderregion“ mit Familiencharakter am Weißen Turm an.

Doch es gibt auch „billigere“ Vorschläge. Dazu gehören Wanderwege in der City, zu einem Netz versponnen, beschildert und betitelt: „Kunstweg“, „Fotografierweg“, „Gastronomischer Rundgang“ etwa. Dazu gehört auch ein Radfahrgelände als moderne Auflage des alten „Hercules-Velodroms“ im innenstadtnahen Bereich. Denn heutzutage muß jeder Radler hinausstrampeln, will er seinem Steckenpferd frönen.

Weniger Geld kosten ferner der „offene Kunstmarkt“, in dem außer in den vorwiegend wirtschaftlich orientierten Galerien die Künstler aller Richtungen ihre Arbeiten einem breiteren Publikum vorlegen könnten. Maar möchte diese Form der Selbstdarstellung auch den Vereinen, Verbänden und Gemeinschaften zubilligen. An verkehrsreicher Stelle (an der Lorenzkirche oder an der Klarakirche) sollten sie einen überdachten Platz bekommen, wobei es Sammelbüchsen-Atmosphäre und langweilige Ansprache zu vermeiden gilt.

Jährlich eine Patrizier-Hochzeit

Hübsch ist die Idee, den nördlichen Teil der Altstadt durch einen „Kleinverkehr“ für Familien mit Kindern und für ältere Menschen zu erschließen. Unter „Kleinverkehr“ stellt sich der 41jährige einen Elektrozug namens „Burgdrachen“ vor, der sich seiner Meinung schon jetzt in den Sommermonaten wirtschaftlich tragen könnte.

Ein weiterer bunter Tupfen für die Lorenzer Seite: alljährlich eine „Patrizier-Hochzeit“ in Originalkostümen als Fremdenattraktion. Als Platz für dieses Schauspiel (samt Gauklern, Festmenü, Tanz und Kerzenlicht) könnte das Rathaus oder die Burg dienen.

Nur einige weitere Gedanken seien aus dem umfangreichen Katalog herausgegriffen:

1. Ein Gütezeichen für Produkte unter dem Motto „Gutes aus Nürnberg“. Es soll nach einer Prüfung durch die Landesgewerbeanstalt vergeben werden.

2. Ein besseres Souvenir-Angebot mit fränkischen Trachten, Nachbildungen fränkischen Hausrats und mit Schmuck.

3. Aufnahme des Dürer-Hauses in das Sortiment einer Firma, die Modell-Bahn-Zubehör herstellt.

4. Die Markierung von Plätzen, an denen sich besonders hübsche Fotomotive auftun.

5. Die Beleuchtung des Pegnitzufers und der Pegnitz, die nachts über weite Strecken in tiefe Finsternis getaucht sind.

6. Turmkonzerte in St. Sebald und St. Lorenz und schließlich ein Wöhrder Seefest.

Welche dieser Zutaten am Ende verwirklicht werden, steht heute freilich noch nicht fest. Dazu braucht es noch manche Gesprächsrunde zwischen den einzelnen Ressorts in der Stadtverwaltung, wobei insbesondere Baureferent Otto Peter Görl und Kämmerer Dr. Hans Georg Schmitz ein Wörtchen zu sagen haben werden.

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