26. Juli 1969: Panoramablick auf die Schiffe

26.7.2019, 07:00 Uhr
26. Juli 1969: Panoramablick auf die Schiffe

© Ulrich

Die Staatsforstverwaltung als Eigentümer überlegt sich zusätzlich, wie der Schuttberg künftig gestaltet wird. Gedacht ist an einen grünen Hügel in Terras-senform mit einer mindestens fünf Meter starken Humusschicht, damit auch Bäume gedeihen können.

Die Hafenverwaltung ist von dieser Idee begeistert. Nicht nur, weil sie sich ein schön gestaltetes Randgelände wünscht: weitere Schuttablagerungen bedeuteten auch eine ständige Seuchengefahr für den Hafen.

26. Juli 1969: Panoramablick auf die Schiffe

© Ulrich

Zwei Mitglieder unserer Redaktion fuhren einige Stunden mit einem geländegängigen Jeep – mit einem Personenwagen wäre das unmöglich – von Baugrube zu Baugrube und stellten Hafendirektor Walter Lechner folgende Fragen: „Wie geht der Bau voran, wie geht es weiter? Welchen Verlauf nimmt der Kanal ab Nürnberg? Wie wird das Gelände rund um den Hafen gestaltet?" Das Resümee der Antworten: „Es wird alles bis ins Detail geplant, nichts dem Zufall überlassen!"

Grundwasserverschmutzung Das zeigt bei „Halbzeit“ der Bauarbeiten – zwei von 4.3 Millionen Kubikmeter Erde sind bewegt, 1972 soll das erste Schiff anlegen – das Beispiel Müllplatz Saarbrückener Straße. Normalerweise schon gesperrt, lagert die Stadt dort noch die Schlacke aus der Müllverbrennungsanlage und Bauschutt ab. „Es ist wie ein Meiler, wie ein Heuhaufen. In seinem Innern entstehen hohe Hitzegrade. Brandgefahr besteht dauernd!“ stellt Direktor Lechner fest.

Dazu kommt noch die Hauptsorge der Grundwasserverschmutzung. Die Stadt wird sich überlegen müssen, den Unrat in der „Mülloper" mit noch größerer Hitze als bisher zu verbrennen und dabei eine Unwirtschaftlichkeit der Anlage zu riskieren oder aber einen Ersatzplatz zu finden, denn: „Das am Müllplatz angefahrene Material arbeitet noch weiter, rostet, setzt sich“, meint Lechner. Während derartige Überlegungen angestellt werden, gehen die Arbeiten im unmittelbaren Hafengebiet im Rekordtempo weiter.

Wie weit sie schon gediehen sind, beweisen folgende Tatsachen: Ende 1969 werden alle Mauern am Ostufer des Europakanals unterhalb des Schuttberges stehen; der Kai I soll über die Hälfte betoniert sein. Becken I ist heute schon bis auf wenige Restarbeiten aus- gehoben. Das alles wurde erreicht, weil neun Bagger, je zwei Rad- und Bandlader sowie eine Schürfhebelraupe, sechs Scraper, 13 Planierraupen, 13 Transportfahrzeuge mit einer Tragfähigkeit von 22 bis 26 Tonnen (!) und 17 Bodenentleerer nicht zum Stillstand kamen. Sie alle zusammen erreichen die stolze PS-Zahl von 16.000.

Auch das Industriegebiet ist schon zu 70 bis 75 v. H. geschüttet, die Stellflächen sind weitgehend vergeben. „Die überwiegende Zahl der Betriebe wird sich lange vor dem ersten Schiff ansiedeln", stellt Lechner in berechtigtem Optimismus fest. Dagegen wehrt er in schöner Bescheidenheit das Lob ab, daß allein der Hafenbau die Verkehrssanierung im Südwesten Nürnbergs im Gefolge hat. „Die Stadt plante ja schon lange. Unser Projekt hat den Straßen- und Brückenbau nur forciert. Das eine hat das andere mehr oder minder angeschoben. Wenn der Hafen funktionsfähig sein soll. braucht er ein funktionierendes Straßennetz.“

„Funktionsfähig“ ist überhaupt das Stichwort für Direktor Lechner. Ein 120 Meter langer Stollen zwischen den Kais – seine Sohle wird teilweise schon betoniert – soll den fortwährenden Hafenbetrieb ohne negative Überraschungen garantieren. In ihm wird das Wasser- und Kabelnetz „vermischt". Bei einer Störung können die Techniker, übrigens unter den Schiffen, trockenen Fußes nach ihrer Ursache suchen. Altmühltal ist das Ziel 300 Meter südlich von dem „Energiestollen“ liegt bereits die Trasse für die Schleuse Eibach fest.

Sie hievt die Schiffe 19,5 Meter in die Höhe und wird mit Sicherheit gebaut, noch ehe der Hafen fertig ist. Walter Lechner sprach in diesem Zusammenhang auch den weiteren Verlauf des Kanals ab Nürnberg an. Nächste Stationen sind jedenfalls Worzeldorf, Gaulnhofen, Katzwang und Rednitzhembach. Ziel ist das Altmühltal. Zur Zeit finden Verhandlungen statt, ob dort ein eigenes Kanalbett ausgehoben werden soll oder ob der Fluß für die Schiffahrt nutzbar gemacht werden soll. Wirtschaftliche Vernunft und Land-schaftsschutz bilden die beiden Fronten.

Wirtschaftliche Überlegungen diktieren derzeit auch die Frage: Fernsehturm in Fürth oder im Hafen. Das Fernmeldetechnische Zentralamt in Darmstadt ist in Klausur gegangen. In Fürth könnte man niedriger und billiger, bei Maiach müßte man höher und teurer bauen. Immerhin hat Bundespostminister Dr. Werner Dollinger vor kurzem im Nürnberger Rathaus erkennen lassen, daß ein schmucker Turm schon eine Zierde für den Hafen wäre. Ganz gleich wie entschieden wird, eines steht jetzt schon fest: die Nürnberger erkennen das Gelände zwischen Eibach und Maiach nicht mehr. Sie werden es noch weniger erkennen, wenn der Hafen termingerecht 1972 fertig ist.

Verwandte Themen


Keine Kommentare