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28. August 1971: Die Peterlesboum machen Nürnberg froh

28.8.2021, 07:00 Uhr
28. August 1971: Die Peterlesboum machen Nürnberg froh

© Ulrich

In 50 Prozent der Fälle heißt der Angesprochene Karl Vogt. Die anderen 50 Prozent heißen Willi Händel und beide zusammen singen und blödeln sie seit etlichen 15 Jahren den Namen „Peterlesboum“ zu einem mittelfränkischen Markenartikel hoch.

Denn das ist das Erstaunliche an den beiden: Kaum sind sie vom Podium runter, haben ihre Hüte abgesetzt, die Brillen von der Nase und der Händel seine komische Nase weg – schon kennt sie keiner mehr. Man sollte es nicht für möglich halten, wie normal die in Zivil aussehen.

Im Spätsommer und im Herbst beginnt nach sommerlicher Flaute die hohe Zeit der Volksfeste. Bierbrauer und Wirte fahren noch einmal die Ernte aus knisternden Scheinen in den Tresor und auch für ihre Helfer, die Stimmungsmacher und Gaudiburschen, fällt was ab dabei. Die Peterlesboum fangen mit der Langwasserkirchweih an, um sich dann mit voller Kraft ins Nürnberger Volksfest zu stürzen.

Die Herren Vogt und Händel haben ihre Karriere beim Bammes in Buch begonnen. Seit dieser Zeit lieben die Nürnberger diese Art von Humor und den ruhigen, gelegentlich aber doch recht hinterfotzigen Witz der beiden. Die Peterlesboum sind ans Nürnbergerische, an den Dialekt dieser Stadt gebunden.

So wie es in Köln Büttenredner gibt, bei denen schon den Mainzern das Lachen vergeht, wüßten beispielsweise auch die Münchner mit den Peterlesboum nicht viel anzufangen. Denn das wird vom Humoristen verlangt: der Zuhörer will sich oder seinen Nachbarn, meist lieber den letzteren, wiedererkennen.

So sehen sie halt dem Volk aufs Maul und setzen in Töne und Reime, was sie hören. Ihr Repertoire an Witzen ist unerschöpflich. Karl Vogt, das ist der Kräftigere von den beiden, mag gegenwärtig die folgende Geschichte am liebsten: Der kleine Bub kommt heim und fragt: „Du Mama, wo is denn Afrika?“ „Des was i net, da fragst nacha an Pabba.“ Die Frage wird dem Vater gestellt und der zögert nicht: „Afrika? Genau was i des a net, aber weit kanns net sei. Mir ham bei uns im Betrieb an Necher, der geht zum Essen immer ham.“

Aber auch Kollege Willi Händel hat einen Lieblingswitz auf Lager. Das alte Mütterchen sitzt vor dem Fernseher. Kanzler Willy Brandt (der Name ist beliebig austauschbar) hält eine Rede. Mütterchen wird gefragt, was sie denn von Brandt so halte. „Was soll ma da viel sagn“, meint sie, „hoffentlich machts der Kuhlenkampff bald wieder selba.“

Die Songs der beiden kennt ein jeder und am bekanntesten sind „Die Baa“. „Des kenna mir sogar scho auswendig“, behaupten Karl und Willi ernsthaft, aber singen mögen sie die Geschichte von den Wadeln der Nürnbergerinnen nicht mehr so recht. Man kann sich auch am Kaviar überessen. Ihr Lieblingslied ist zur Zeit der „Dr. Biss“, der Zahnarzt, der von fünf Wurzeln zwei in Steißlage findet – „i hab vor niemand soviel Schiß, wie vorm Zahnarzt Dr. Biss.“

Die Peterlesboum bewältigen so ab und an Vergangenheit und Gegenwart: „Wer nach Nürnberg kummt, der kennt den Albrecht Dürer und vom Hauptmarkt drunt so ab und zu den Führer“, und sie haben sich schon vor Jahren mit der heute so modernen Umweltverschmutzung befaßt: „Im grünen Wald, dort wo der Abfall stinkt, wo hinterm Busch der Ratz vom Sofa springt, wo Schutt und Aama lieng im Dreeck schön warm, da spieln die Kinder Räuber und Schandarm.“

Die Freunde, in harten Faschingsnächten und feuchten Frühschoppen aneinandergeschweißt, haben freilich auch Sorgen. Pop und Beet gibt keine Melodien mehr her für ihre eher gemütvollen Texte. Die Zeiten sind vorbei, wo man aus „Cindy o Cindy“ mühelos „Simpel o Simpel“ machen konnte. Aber sie schmeißen die Flinte nicht ins Korn. Willi Händel: „Die nächste weiche Welle kommt bestimmt.“

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