28. Februar 1967: Ewig "Todesfallen"?

28.2.2017, 07:00 Uhr
28. Februar 1967: Ewig

© Gerardi

Die städtischen Fachleute haben dagegen die notwendigen Unterlagen schon fix und fertig in der Schublade, aber sich mit der Auslieferung Zeit gelassen, weil sie nach der bisherigen Zusammenarbeit mit der Bundesbahn annehmen mußten, das zuständige Dezernat 48 könne mangels Personal einen weiteren Neubau in Nürnberg gegenwärtig nicht verkraften.

Wenn nicht alles trügt, besteht keine Aussicht, dass die Reihen der Bauexperten bei der Bundesbahn verstärkt werden. Es dürfte sich deshalb in absehbarer Zeit in Erlenstegen nichts ändern, es sei denn, ein anderes Vorhaben kann zurückgestellt werden.

Seit Jahrzehnten gibt es kritische Stimmen, die eine großzügige Lösung verlangen,damit der gefährliche Zustand endgültig beseitigt wird. In der Tat bilden die beiden Brücken, die die Ringbahn und die Bahnlinie Nürnberg-Bayreuth über die vielbefahrene Bundesstraße 14 hinwegführen, große Hindernisse. Straßenbahnen und Autos schlängeln sich herum, ein Manöver, das auf abschüssiger oder ansteigender Straße im Winter zu einem waghalsigen Unterfangen wird.

Außerdem stellt die östliche Brücke die Linksabbieger zur Güntersbühler Straße vor fast unlösbare Aufgaben. Die wuchtige Mittelstütze nimmt jegliche Sicht auf den Gegenverkehr und mancher Anwohner der Güntersbühler Straße mußte schon bis zur Autobahneinfahrt weiterkurven, um auf seine Seite hinüberzugelangen.

Hört man heute die verantwortlichen Stellen der Bundesbahn und der Stadtverwaltung, so sind sie sich zwar längst darüber einig, dass an den gefahrdrohenden Stellen etwas geschehen muß. Bereits 1958 wurde der erste, ermutigende Schritt unternommen. Die Stadt beauftragte ein Ingenieurbüro mit der Ausarbeitung der Pläne, die – samt der damals noch vorgesehenen Erhaltung der Ringbahnbrücke – im Mai 1959 im Bauausschuß genehmigt wurden und im gleiche Jahr baureif waren.

Bis 1961 rührte sich nichts mehr. Denn dann hörte die Stadt plötzlich von der Bundesbahn, sie beabsichtige, die Ringbahnunterführung aufzulassen und die Züge statt dessen über die Hauptstrecke bis zur Abzweigung Eichelberg rollen zu lassen. Damit war einen Neuplanung fällig geworden und die bisherige Arbeit "für die Katz“ gewesen.

Damit jedoch nicht genug. Als die Genehmigung für den Verzicht auf den Ringbahnabschnitt von der Bundesbahn-Hauptverwaltung in Frankfurt eintraf, waren abermals drei Jahre verstrichen und das Jahr 1965 angebrochen. Unverdrossen ging die Stadt daran, neue Pläne zu entwerfen, eine Tätigkeit, die bis zum Oktober 1966 gedauert hat.

Das Stadtplanungsamt fand drei Varianten, deren letzte und beste so brandneu ist, dass sie selbst den Mitgliedern des Bau- und Verkehrsausschusses noch unbekannt ist. Danach ist vorgesehen, die Bundesstraße 14 entlang dem Pegnitztal südlich am Kalbsgarten vorbeizuführen und im Winkel von 45 Grad mit der Brücke kreuzen zu lassen. Dieser Weg bietet außerdem den Vorteil, dass keine unüberwindlichen Grundstücksschwierigkeiten im Wege stehen.

"Ja, ich habe gehört, dass die Stadt wegen der Linienführung der Straße an neuen Plänen arbeitet, die möglicherweise auch eine neue Planung für die Brücke notwendig machen", erklärte gestern Bundesbahndirektor Dipl.-Ing. Friedrich Baumann, ohne sich auf irgendwelche Termine einzulassen. Weil aber das Stadtplanungsamt seinen Entwurf in den nächsten Wochen den Ausschüssen vorlegen und anschließend an die Bundesbahn weitergeben will, muß die Bundesbahn bekennen, wie ernst ihr der Brückenbau ist, der zwischen drei und vier Millionen Mark kosten dürfte und in etwa dreijähriger Bauzeit errichtet werden könnte, wobei sich ein entsprechender Entwurf binnen dreier Monate schon fertigen läßt.

Vermutlich wird jedoch die Stadt wieder das alte und sicherlich berechtigte Klagelied vom Personalmangel im Dezernat 48 zu hören bekommen und vor die Wahl gestellt werden: wenn in Erlenstegen gebaut wird, muß zwangsläufig ein anderes Vorhaben – etwa zur Erschließung des Hafens – zurückgestellt werden. Wo indes die Bundesbahnkräfte hinbeordert wurden, erfährt man nur hinter der vorgehaltenen Hand und im Flüsterton. Sie helfen, München ein olympisches Gesicht zu verleihen.

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