29. September 1969: So wählte Nürnberg

29.9.2019, 07:00 Uhr
29. September 1969: So wählte Nürnberg

© Kammler

Darüber hinaus aber buchte ihr Bewerber um den Sessel des Oberbürgermeisters, das bishe-rige Stadtoberhaupt Dr. Andreas Urschlechter, mit 67,4 v. H. einen Stimmenanteil, wie er in der Nachkriegszeit noch keinem Kandidaten zugefallen ist.

Gegenüber den beiden großen Parteien schnitten dagegen die FDP und die NPD sowie die Splittergruppen bescheiden ab und konnten weder bei der Bundestags-, noch bei der Oberbürgermeisterwahl eine große Rolle spielen. Wegen des schönen Wetters hatten es zahlreiche Bürger vorgezogen, schon am Vormittag die 461 Wahllokale zu besuchen. Sie wollten anschließend einen Ausflug in die Umgebung unternehmen, so daß bis gegen Mittag schon ein großer Teil der 281.431 abgegebenen Stimmen registriert war.

Trotzdem schafften nicht alle rechtzeitig bis 18 Uhr den Gang zu den Urnen. So stürzte um 18.04 Uhr eine Frau in den Presseraum und fragte verzweifelt: „Können Sie mir sagen, wo ich hin muß? Ich war schon im 4. Stock und im Keller. Niemand wollte meinen Zettel haben.“

Als um 20.35 Uhr bereits 50 der 461 Stimmbezirke ausgewertet waren, hoffte man im Wahlamt den Rekord von 1965 (22.45 Uhr) brechen zu können. Doch dann stellte sich recht schnell heraus, daß Bundestags- und Oberbürgermeisterwahlen nebeneinander an die Wahlhelfer doch kaum zu bewältigende Anforderungen stellten.

Korrektur nach Mitternacht

Trotzdem wußten die Nürnberger schon gegen 22 Uhr, daß Dr. Andreas Urschlechter – wie erwartet – erneut Oberbürgermeister bleibt. Wenig später waren auch die direkt gewählten Kandidaten bekannt. Dagegen ließ das Endergebnis der Zweitstimmen bis 23.30 Uhr auf sich warten. Um 0.05 Uhr mußte dann Hans Peter vom Wahlamt gestehen: „Wir haben uns um 10.000 Stimmen verrechnet. Aber das liegt in der Natur der Sache. Auf jeden Fall hat die Organisation reibungslos geklappt.“

Die Erststimmen verteilen sich dabei im Wahlkreis Nürnberg Nord wie folgt: Dr. Oscar Schneider errang 53.044 (39.9 v. H.), während sein Vorgänger Dr. Rost vor vier Jahren noch 59.338 (40,4 Prozent) Stimmen erhalten hatte. SPD-Bewerber Hans Batz wurde von 63.439 (47.1 v. H.) der Bürger gewählt und verbuchte damit gegenüber Georg Kurlbaum einen Zuwachs von 4,7 Prozent. Die übrigen Kandidaten erhielten: Dr. Riedel (FDP) 7.676 (5.7 v. H.), Herbert Stiefvater (ADF) 1.876 (1,5 v. H.), Dr. Pöhlmann 8.434 (6,3 v. H.) und Klaus Neubert (UD) 243 (0,2 v. H.) Stimmen.

OBM für alle Bürger da

Im Wahlkreis Nürnberg Süd gelang es Käte Strobel (SPD) sogar, ihren Anteil gegenüber der letzten Wahl um 7,5 v. H. zu verbessern und insgesamt 71.678 Stimmen (54,5 Prozent) auf sich zu vereinen. Roland Cantzler (CSU) wurde von 44 733 (34,0 v. H.) der Nürnberger auf den Stimmzettel angekreuzt. Hermann Wiesel (FDP) mit 4.916 (3,7 v. H.), Arthur Fritz (ADF) mit 1832 (1,4 v. H.), Rudolf Böhland (NPD) mit 8090 (6,2 v. H.) und Dieter Burgmann (UD) mit 282 (0,2 Prozent) Stimmen konnten nur eine Außenseiterrolle spielen.

Nachdem so das Wahlergebnis feststand, herrschte vor allem bei der SPD-Prominenz eitel Freude. Beim großen Treffpunkt – die ARD-Wahlparty im Nürnberger Rathaus – versicherte Willy Prölß, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks und Chef der Stadtratsfraktion: „Das ist das beste Ergebnis seit 1881 in allen Reichstags- und Bundestagswahlen. Wir werden alles tun, um das große Vertrauen der Bevölkerung zu rechtfertigten.“ Oberbürgermeister Dr. Urschlechter dankte ebenfalls seinen Wählern und erklärte: „Ich möchte hervorheben, daß ich mich auch um die Mitarbeiter derjenigen Bürger für unsere gemeinsamen Ziele bemühen werde, die aus achtenswerten Gründen dem Kandidaten der CSU ihre Stimme gegeben haben. Wir alle wollen unser Nürnberg noch schöner und blühender machen.“

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