30. Januar 1971: Schwung und Schmiß beim Pressefest

30.1.2021, 07:00 Uhr
30. Januar 1971: Schwung und Schmiß beim Pressefest

© Ulrich

Der Ball begann pünktlich, nachdem Bayerns Ministerpräsident Alfons Goppel, diesmal ohne Gattin, eingetroffen war. Zuvor hatte sich zu den Klängen des kleinen Tanzorchesters vom Hessischen Rundfunk nur ein älteres Paar auf die Tanzfläche gewagt und damit ältestes Nürnberger reichsstädtisches Bewußtsein demonstriert.

30. Januar 1971: Schwung und Schmiß beim Pressefest

© Ulrich

Hohe und höchste Gäste sah man zuhauf, natürlich den Oberbürgermeister dieser Stadt, Dr. Andreas Urschlechter; die Opposition vertrat SPD-Landesvorsitzender Volkmar Gabert, Bundes- und Landespolitiker gaben sich ein Stelldichein. Münchner Ministerialbeamte flanierten durch die Säle, Wirtschaftsbosse und ihre Damen sagten sich Artigkeiten. Die Verleger der Nürnberger Zeitungen waren ebenfalls anwesend und an einem Tisch vereint.

Im Mittelpunkt aber standen die Damen. Die Skala der Roben reichte von der spanischen Infantin bis zur Imitation der Elsbeth Tucher auf dem 20-Mark-Schein. Die Dekolletés waren zuweilen vorn und hinten ausreichend. Eines jedenfalls steht fest: die Friseure haben wieder ihren Schnitt gemacht.

Dr. Wolfgang Buhl, Vorsitzender des nordbayerischen Journalistenverbandes, begrüßte die Gäste mit dem Wunsch, daß sie über die Zeitungsmacher so denken: „Eigentlich sind sie ja gar nicht so schlecht, wie sie schreiben.“ Tatsächlich war und wurde in dieser Nacht so mancher Hader begraben.

Jean Claude Pascal sang, sang und sang, mal eigenes, mal Parodien, mal Reprisen und von Mal zu Mal stieg der Beifall. Das Tanzorchester des Südwestfunks begleitete ihn unter Rolf Hans Müller. Zuvor schon war das Foyer angeheizt worden, denn dort wurde nicht nur nach dem Song of Joy getanzt. Der Südafrikaner Gene Williams brachte Bewegung in die Bude, kräftig unterstützt vom Manfred-Bräuer-Sextett und den Luxemburg Singers mit ihren Show-Einlagen.

Überflüssig zu erwähnen, daß der Morgen graute. als die letzten gingen. Tralala!

Aufgeschnapptes

Georg Klein, Chefkoch der Meistersingerhalle, hatte für den Presseball ein kaltes Büfett im Wert von etwa 10.000 DM angefertigt. Lachs, Kaviar, Schinken in Brotteig gingen innerhalb einer Stunde restlos weg. Dazu standen 1.500 Paar Weißwürste zur Verfügung. In der Küche waren 25 Mann beschäftigt.

Alfons Goppel, Ministerpräsident, der ohne seine Gattin erschienen war, sagte zur Entschuldigung: „Fortlassen darf sie mich, aber festhalten soll sie mich“. Adolf Gimpel, stellvertretender Leiter der Polizeipressestelle, erklärte angesichts der Anwesenheit des Ministerpräsidenten: „Ich will nicht verstaatlicht werden. Lieber mache ich Bote bei der Presse“.

Joseph Eduard Drexel, Herausgeber der „Nürnberger Nachrichten“, angesichts der aufkommenden Wärme im Ballsaal: „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leiste“.

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