365-Euro-Ticket wird konkreter: Kommt es zum Bürgerentscheid?

24.4.2020, 19:00 Uhr
Ab dem 1. Januar 2021 soll es in Nürnberg ein 365-Euro-Ticket geben, angelehnt an das "Wiener Modell".

© Michael Matejka Ab dem 1. Januar 2021 soll es in Nürnberg ein 365-Euro-Ticket geben, angelehnt an das "Wiener Modell".

Die Initiatoren um Stadtrat Titus Schüller (Linke) tragen die Kisten mit den Listen, auf denen sich mehr als 22.000 Bürger eingetragen haben, ins Rathaus. "Es sind mehr Unterschriften, als wir erwartet hatten", sagt er. Das erhöhe den Druck für dieses Thema.

Das Ziel: Ab dem 1. Januar 2021 soll es in Nürnberg – wie mehrfach berichtet – ein 365-Euro-Ticket geben, angelehnt an das "Wiener Modell". In Österreichs Hauptstadt kann man für einen Euro pro Tag die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Nach dem Plan der Initiative soll es außerdem ein 15-Euro-Monatsticket für Schüler, Auszubildende, Studierende und Inhaber des Nürnberg-Passes geben.

Die Stadt wird jetzt prüfen, wie viele der Unterschriften tatsächlich gültig sind. Für ein erfolgreiches Bürgerbegehren müssen drei Prozent aller wahlberechtigten Nürnberger unterzeichnet haben (rund 12.000 Unterschriften). Die Initiative setzte sich das Ziel mit 15.500 Unterzeichner, jetzt sind es mehr als 22.000. "Wir können also gelassen sein", sagt Mit-Initiator Felix Heym.


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So geht es weiter: Die Stadt hat einen Monat Zeit zu prüfen, ob das Bürgerbegehren formal korrekt ist. Eine Empfehlung der Regierung von Mittelfranken liege schon vor, so Heym. Noch-OB Ulrich Maly habe ihm mitgeteilt, dass der Stadtrat in seiner konstituierenden Sitzung am 10. Mai entscheiden werde, ob das Begehren zulässig ist.

"Dabei geht es nicht um Inhalte, sondern darum, ob es formal passt", berichtet Heym. Und wenn die Eingabe nicht anerkannt wird? "Davon gehen wir nicht aus. Wird allerdings wider erwarten doch abgelehnt, schlagen wir den rechtlichen Weg ein. Wir können da nicht aufgeben, wir sind den Unterzeichnern gegenüber verpflichtet, zu handeln."

Nach Ablauf des Monats und grünem Licht aus dem städtischen Plenum, legen die Kommunalpolitiker einen Termin für den daraus folgenden Bürgerentscheid fest. Dieser muss innerhalb weiterer drei Monate auf einen Sonntag gelegt werden. Die Stadt hat innerhalb dieser Frist Zeit, ein Alternativmodell zum 365-Euro-Ticket der Initiative zu erarbeiten.

Dieser Gegenentwurf würde dann mit dem Vorschlag des Bürgerbegehrens auf dem Zettel stehen, den wahlberechtigte Nürnbergerinnen und Nürnberger im Wahllokal ausgehändigt bekommen oder ihnen per Briefwahl zugeschickt wird. "Mindestens zehn Prozent der Bürgerinnen und Bürger müssen teilnehmen, dann ist Abstimmung gültig", erklärt Heym.

"Wir müssen Weichen für die Zukunft stellen"

Klar ist: Das Bürgerbegehren und der Bürgerentscheid beziehen sich ausschließlich auf das Stadtgebiet Nürnberg. Verläuft es erfolgreich und würde es so eingeführt, wie es die Initiative vorsieht, endete die Gültigkeit des 365-Euro-Ticket an der Stadtgrenze Fürth. "Wir rechnen aber mit einer gewissen Dynamik und dass man mit den Nachbarstädten eine Lösung findet. Fürth und Stein, also die Zone A, sollten mit am Start sein", sagt Stadtrat Titus Schüller.


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Den Initiatoren ist klar, dass das 365-Euro-Ticket die Stadt teuer zu stehen kommt. Die Verkehrs-AG ist ein Zuschussbetrieb, sie schreibt jährlich rote Zahlen. Außerdem reißt die Corona-Krise ein Millionen-Loch in den städtischen Haushalt, von dem noch niemand weiß, wie groß es am Ende tatsächlich sein wird.

Schüller: "Gerade wegen Corona, sollte das Ticket so schnell wie möglich kommen. Wir müssen jetzt mit Blick auf die soziale Teilhabe die Weichen für die Zukunft stellen. Bald werden sich noch weniger Menschen die gegenwärtigen Fahrpreise leisten können."

Wie man den Haushalt aus Sicht der Initiatoren entlasten könnte? Sie treten für einen Stopp des Frankenschnellweg-Ausbaus ein. Gelder, die dem Straßenverkehr zugute kommen, ließen sich auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) umschichten. In Wien, das ihnen als Vorbild für das Ticket gilt, zahlen örtliche Unternehmen Abgaben für den ÖPNV. "In Nürnberg zahlen Unternehmen für Stellplätze."

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