50er-Jahre-Charme soll in Alt-Wöhrd erhalten werden

14.11.2015, 07:58 Uhr
50er-Jahre-Charme soll in Alt-Wöhrd erhalten werden

© Jo Seuß

Zweigeschossige Häuserzeilen mit Satteldach, klar gegliederten Fensterfronten, subtilen Verzierungen und zarten Farbtönen dominieren die Häuserzeilen im Alt-Wöhrder Viertel. Anfang der 1950er Jahre sind die Gebäude im Umkreis der Bartholomäuskirche errichtet worden. Und das eng angelegt am historischen Straßenbild des Gebietes zwischen Hirsvogel-, Wollentor-, Wassertor- und Wöhrder Hauptstraße, das wie der gesamte Stadtteil am 11.August 1943 im Bombenhagel weitgehend in Schutt und Asche gelegt worden war.

Bei den Verhandlungen über den Wiederaufbau hatten die städtischen Planer und Vertreter des Wöhrder Vorstadtvereins darauf gedrängt, dass der ursprüngliche Charakter des Viertels bewahrt werden muss. Das hieß: Maximal zwei (statt vier) Geschosse plus Dach durften gebaut werden. Zwar wurde die Wöhrder Hauptstraße deutlich verbreitert, doch das Vorstadtviertel im 50er-Jahre-Kostüm besitzt ein eigenständiges Flair — und es gilt bis heute als beliebtes Wohnquartier.

Moderne "Bausünden" entdeckt

Doch der Altstadtfreunde-Verein sorgt sich um die Zukunft von Alt-Wöhrd. Bei einem Stadtteil-Spazierung durch das Viertel sind kürzlich beim Vorsitzenden Karl-Heinz Enderle die Alarmglocken angegangen. Auch viele der 600 Teilnehmer seien vom Erscheinungsbild begeistert gewesen, doch ein paar aktuelle Bausünden seien erschreckend gewesen.

50er-Jahre-Charme soll in Alt-Wöhrd erhalten werden

© Jo Seuß

Insbesondere die grellgrün gestrichene Fassade des modernisierten Gebäudes in der Wöhrder Wollengasse 12 erntete viel Kritik. Auch Baureferent Daniel Ulrich hält diese Sanierung für misslungen und „hässlich“. Die Stadt habe die Veränderungen sogar verhindern wollen, betont er, was aber baurechtlich nicht möglich gewesen sei. Das Problem: Abgesehen von groben Baulinien fehlt ein qualifizierter Bebauungsplan für Alt-Wöhrd.

Viertel soll unter Denkmalschutz stehen

Die Altstadtfreunde wollen sich damit nicht abfinden. Enderle sieht „noch sehr viel Substanz aus den frühen 50er Jahren“. Er plädiert dafür, das Viertel unter Denkmalschutz zu stellen, um weitere Zerstörungen zu verhindern. Positiv sieht Knut Engelbrecht, Vorsitzender des Vorstadtvereins Wöhrd, diese Idee. Der Wiederaufbau dieses Quartiers sei „etwas Besonderes“. Zudem hofft er darauf, dass sich durch den Ensembleschutz auch Perspektiven für die seit Jahren geplante Umgestaltung des „Wöhrder Marktes“ ergeben könnten.

„Das wäre schön, ist aber schwierig“, kommentiert Baureferent Ulrich die Initiative für Alt-Wöhrd. Er sieht hier ein gewisses Dilemma: Von der Bausubstanz sei das Viertel „zu gut“ für ein Sanierungsgebiet mit Städtebaufördergeldern. Andererseits seien die Kriterien des Landesamtes für Denkmalpflege vermutlich zu hoch, um es zu schützen.

Der städtische Denkmalpfleger Nikolaus Bencker befürchtet, dass durch Modernisierungen in den letzten zehn Jahren schon zu viel 50er-Jahre-Architektur verändert wurde. Enderle sieht das anders — er will einen Prüfantrag stellen.
 

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