Abgebrochene Abschiebung einer Äthiopierin: "Das war ein bundesweites Novum"

27.11.2020, 10:24 Uhr
Nach acht Jahren in Deutschland soll die Nürnbergerin in ihr Herkunftsland abgeschoben werden - doch der Versuch wurde abgebrochen.

© Philipp von Ditfurth/dpa Nach acht Jahren in Deutschland soll die Nürnbergerin in ihr Herkunftsland abgeschoben werden - doch der Versuch wurde abgebrochen.

Der Flug war bereits gebucht, die Frau am Frankfurter Flughafen. Von dort sollte sie in ihr Heimatland Äthiopien abgeschoben werden. Doch die zuständigen Polizisten brachen ab: Die Frau wehrte sich, so dass man die Rückführung nicht durchführen konnte. Jetzt ist sie in Frankfurt, dort hat ein Richter Abschiebehaft angeordnet.

Seit acht Jahren hier

Die Nürnberger Ausländerbehörde ist nun dafür zuständig, einen möglichen zweiten Abschiebeversuch festzusetzen. Über den Zeitpunkt entscheidet das Amt für Rückführung.

Der Flüchtlingsrat hatte die Rückführung stark kritisiert: Die Frau lebe inzwischen seit acht Jahren in Deutschland. Zuvor war sie von ihrem Heimatland aus nach Dubai geflüchtet, wo sie als Haushaltshilfe gearbeitet hatte. Auch dort soll sie kein Glück gehabt haben, sei gedemütigt und geschlagen worden. In Nürnberg wurde sie laut Flüchtlingsrat wegen ihrer Erfahrungen und daraus resultierenden Depressionen und einer Posttraumatischen Belastungsstörung beim Psychosozialen Zentrum betreut. Außerdem lernte sie in der Stadt einen Mann aus Äthiopien kennen. Die beiden haben bereits kirchlich geheiratet.


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Die Nürnberger Ausländerbehörde wiederum verweist darauf, dass vier Asyl- und Folgeanträge der Frau abgelehnt worden seien. Das sei auch richterlich überprüft worden, zuletzt im Oktober, betont Stadtrechtsdirektor Olaf Kuch.

Kein Attest vorgelegt

Zudem seien Gründe, wie sie jetzt der Flüchtlingsrat nennt, nie vorgetragen worden - weder, dass sie geheiratet habe, noch sei ein Attest vorgelegt worden, das die gesundheitlichen Probleme darlege. Denn das könnten durchaus so genannte inlandsbezogene Gründe sein, die gegen eine Abschiebung sprechen.


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Auch sei der Fall nie im Petitionsausschuss oder in der Härtefallkommission gewesen, sagt Kuch. Auch das sei in solchen Fällen eigentlich üblich.

Der Flüchtlingsrat betont hingegen, der Ausländerbehörde sei der Zustand der Frau bekannt gewesen. Es habe im Ermessen der Behörde gelegen, die Abschiebung anzuordnen - oder eben nicht. Zudem werde kaum nach Äthiopien abgeschoben - Frauen deutschlandweit bisher gar nicht. "Dass die Nürnberger Ausländerbehörde ohne erkennbaren Sachzwang eine bekanntlich psychisch kranke, alleinstehende Frau während der Pandemie in ein Land abschiebt, dass gerade an der Schwelle zum Bürgerkrieg steht - ist ein bundesweites Novum", so Johanna Böhm vom Flüchtlingsrat.