Advent auf Rädern: So weihnachtet es bei Senioren in Nürnberg

11.12.2020, 13:40 Uhr
Mit einem geschmückten Bollerwagen sind Susanne Hampel und Helga Bessler vom Sigena-Nachbarschaftstreff im Viertel unterwegs.

© Timo Schickler, NNZ Mit einem geschmückten Bollerwagen sind Susanne Hampel und Helga Bessler vom Sigena-Nachbarschaftstreff im Viertel unterwegs.

Wie sie Weihnachten heuer feiert, weiß Gertraud Kindler noch nicht. Fest steht nur: So wie sonst wird es nicht. Normalerweise versammelt sie ihre ganze Familie um sich, kocht groß auf. Diesmal kommen Sohn und Tochter getrennt voneinander. Ihre Familie nehme Corona ernst, sagt die Rentnerin. Sie versteht, dass sie heuer deshalb viel Zeit im Advent alleine in ihrer Wohnung am Nordostbahnhof verbringen muss.

Bollerwagen mit Kugeln und Zweigen

Umso größer ist die Freude, als es an diesem Nachmittag an der Tür klingelt. Kindler weiß, wer kommt - und ist doch überrascht. "Was habt ihr denn da alles? Das ist ja toll", platzt es aus ihr heraus, als sie mit Maske und Abstand vor die Tür ihres Wohnhauses tritt. Sie steht dort vor einem mit Zweigen, Lichtern und Kugeln geschmückten und mit zig Nikolaus-Tütchen gefüllten Bollerwagen.

Susanne Hampel und Helga Bessler vom Sigena Nachbarschaftstreff grinsen breit hinter ihren Masken. Sie ziehen das Wägelchen heute durch das Viertel. Um den Menschen eine Freude zu bereiten. Menschen wie Gertraud Kindler, die sie sonst oft bei ihnen im Stützpunkt begrüßen. Dort treffen sie sich häufig im Advent. Normalerweise.

Sonst große Feier mit 50 Leuten

Geschmückt hat Helga Bessler auch dieses Jahr, nicht nur den Bollerwagen. Die Senioren kommen, wenn auch nur, um sich ein Essen abzuholen. So wie Kindler zweimal die Woche. Dieser kurze Kontakt ist in der Zeit jetzt enorm wichtig, sagt Bessler. Auch wenn es die große Feier mit 50 Leuten, die sonst die Schüler der Konrad-Groß-Schule in deren Räumen für den Sigena-Treff vorbereiten, nicht ersetzt.

Mit Abstand und eigener Tasse: Glühwein für Gertraud Kindler.

Mit Abstand und eigener Tasse: Glühwein für Gertraud Kindler. © Timo Schickler, NNZ

Beim Abholen des Essens ist Zeit für Gespräche, die so wichtig sind. Weil sie die Senioren nötig haben, egal ob mit den Sigena-Mitarbeiterinnen oder den anderen Nachbarn. Den Kontakt lassen sie aber auch in Corona-Zeiten nicht abbrechen. "Ich telefoniere viel", sagt Kindler. Auch Bessler und Hampel sind viel am Hörer, um sich zu erkundigen, wie es denen geht, die nicht kommen. "Für viele ist Sigena der Anker", sagt Bessler.

Der Höhepunkt der Adentszeit aber sei die Bollerwagen-Aktion. Die 25 meist über 80 Jahre alten Senioren, die heute besucht werden, haben sie vorher informiert. Damit sie bereit sind und eine Tasse für den Glühwein dabei haben, den die beiden Sigena-Mitarbeiterinnen ausschenken. "Sonst hätte ich jetzt geschlafen", sagt Kindler.

Jede Woche anderer Besuch

Für viele ist der Besuch der Sigena-Mitarbeiterinnen der Höhepunkt im Advent.

Für viele ist der Besuch der Sigena-Mitarbeiterinnen der Höhepunkt im Advent. © Timo Schickler, NNZ

Die Aktion betreibt der Sigena Stützpunkt nicht alleine, sondern in Kooperation mit dem Seniorennetzwerk, dem Stadtteiltreff Nordost und der NOA. Jeden Freitag ist ein anderer Partner unterwegs zu anderen Senioren im Nachbarschaftsviertel. Auch von Corona lassen sie sich nicht stoppen. "Wir halten großen Abstand, tragen Masken, sind draußen", zählt Hampel auf und holt einen Greifarm aus dem Bollerwagen. Mit dem reicht sie die Tütchen mit Mandarine, Apfel, Schokolade und Nüssen an die Senioren.

Mit dem Bollerwagen haben Sie im Sommer schon Eis nach Hause geliefert. Nun eben "Nikolaus to go". Man müsse eben kreativ sein. Das ist Helga Bessler, sagt Gertraud Kindler. Um deren Handgelenk baumelt eine Kamera, mit der sie den Bollerwagen fotografiert. Es blitzt - auch in den Augen der Beschenkten.

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