Aktivsenior Manfred Theis berät Existenzgründer

7.9.2013, 17:36 Uhr
Aktivsenior Manfred Theis berät Existenzgründer

© Yvonne Neckermann

Kaufmännischer Papierkrieg, Excel-Tabellen mit Zahlenkolonnen über betriebliche Ein- und Ausgaben sowie Business- und Finanzpläne — darum machen viele Menschen gern einen weiten Bogen. Nicht so Manfred Theis. Allein die Akten der Existenzgründer, die der 76-jährige Nürnberger in diesem Jahr beraten hat, füllen einen dicken Ordner.

Als der Diplom-Kaufmann vor fast 20 Jahren aus dem Berufsleben ausschied, hatte er als ehemaliger Werksleiter des Elektronikkonzerns Siemens eine Menge Berufserfahrung und plötzlich auch viel freie Zeit. Seine Frau machte ihn auf einen Artikel in den Nürnberger Nachrichten aufmerksam, in dem von der Einrichtung der Regionalstelle Mittelfranken des Vereins Aktivsenioren Bayern berichtet wurde.

Gesucht wurden damals genau wie heute ehemalige Führungskräfte. Genau das Richtige also für den damals 56-jährigen Theis, der sich durch Gartenarbeiten wie Unkraut jäten und Rasenmähen längst nicht ausgelastet fühlte.

Seit 18 Jahren dabei

„Ich hatte das Glück, bereits früh in den Ruhestand gehen zu können“, erinnert er sich: „Da ich immer ein aktiver Mensch gewesen bin und gern weiter etwas tun wollte, habe ich die Möglichkeit ergriffen, meine Erfahrungen und Kenntnisse einzusetzen.“ Heute ist er seit 18 Jahren dabei und mittlerweile einer von 54 Aktivsenioren und –seniorinnen in Mittelfranken, bayernweit sind über 320 Ehrenamtler registriert.

Insgesamt hat Theis bereits 285 Firmen, Gründer, Selbstständige oder Vereine beraten und so etliche Arbeitsplätze mit geschaffen. „Unter anderem habe ich für die Industrie- und Handelskammer Lehrstellen-Akquise betrieben und Unternehmen dazu ermuntert, mehr auszubilden“, erzählt er. Außerdem prüfte er für die Bayern Tourist GmbH (BTG) Hotels und Gaststätten.

Seit einigen Jahren liegt sein Tätigkeitsschwerpunkt allerdings auf der Beratung von Arbeitslosengeld- oder Hartz-IV-Empfängern, die sich selbstständig machen wollen. „In diesem Bereich fühle ich mich am kompetentesten, und das macht mir einfach auch den meisten Spaß“, so Theis, der gern mit Menschen zusammenarbeitet und sich auch mit weit über 70 seine Neugier und Weltoffenheit bewahrt hat. Die Leiterin der Regionalstelle der Aktivsenioren, Barbara Wittenbreder (63), aber auch die Jobcenter in Roth und Weißenburg vermitteln ihm Kunden.

„Dabei handelt es sich um Arbeitslose, die Gründungszuschuss, Einstiegsgeld oder Leistungen zur Eingliederung beantragen möchten“, sagt Theis. Um diese Starthilfe bewilligt zu bekommen, müssen die künftigen Unternehmer allerdings einen Business- und Finanzplan vorlegen. „Meine Aufgabe ist die Prüfung der Unterlagen und die Ausstellung der so genannten Tragfähigkeitsbescheinigung“, erläutert Theis.

Stempel reicht nicht

Mit einem einfachen Stempel auf ein Antragsformular ist es allerdings nicht getan. „Viele meiner Kunden haben wenig kaufmännische Erfahrung und benötigen viel Unterstützung“, hat Theis festgestellt. Dann geht er mit ihnen alle wichtigen Aspekte durch.

Wie hoch sind beispielsweise die Ausgaben für Büroräume, Computer, Telefon, Auto und Werbung? Mit welchen voraussichtlichen Einnahmen kann gerechnet werden? Dabei lässt der Diplom-Kaufmann nicht locker, bis das Ergebnis stimmt. „Die wichtigsten Arbeitsgeräte sind in dieser Phase Bleistift und Radiergummi“, verrät er und lacht.

Manchmal muss Manfred Theis aber auch einen Kunden vor der Entscheidung, sich selbstständig zu machen, bewahren. „Wenn das Vorhaben meiner Meinung nach nicht tragfähig ist, kann ich die Bescheinigung nicht ausstellen“, erklärt er. Das käme allerdings sehr selten vor.

Schließlich hilft Manfred Theis dabei, die Zahlen in einem Finanzplan in Form zu bringen. Zu seinen Kunden gehören überwiegend Dienstleister wie Frisörinnen oder IT-Spezialisten, aber auch Gastronomen.

Brote für Blutspender

Am meisten freut sich der ehrenamtliche Berater, wenn er von seinen ehemaligen Kunden hört, dass ihr Unternehmen läuft. „Letztens erst habe ich eine E-Mail von einem Wirt bekommen, der sich für meine Hilfe bedankt und mich in sein neues Lokal zum Essen einlädt“, verrät Theis. Auch nach der Gründung steht er mit Rat und Tat zur Seite. „Ich bin glücklich, wenn ich jemandem helfen kann.“

Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. „Man hat schließlich auch eine gewisse soziale Verantwortung“, meint Theis, der auch im Bayerischen Roten Kreuz aktiv ist. Gemeinsam mit seiner Frau Sigrid (75) betreut er unter anderem die Losbude auf dem Christkindlesmarkt oder schmiert Brote für Blutspender.

Genau wie der Nürnberger wollen sich viele Rentner einbringen. Neben den Aktivsenioren vermitteln auch der Verein Alt hilft Jung oder der Senior Expert Service (SES) ehrenamtliche Berater.

Geringe Frauenquote

Gemeinsam ist allen drei Plattformen allerdings ein sehr geringer Frauenanteil. Unter den 54 Aktivsenioren in Mittelfranken sind beispielsweise nur sieben Frauen. „Es gibt einfach nicht so viele weibliche Führungskräfte“, erklärt Regionalleiterin Barbara Wittenbreder.

Außerdem würden Rentnerinnen häufig eher Verpflichtungen in der Familie übernehmen und sich um die Betreuung von Enkeln oder die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger kümmern.

Bewerbungen von weiblichen und männlichen ehemaligen Führungskräften sind dem Verein immer willkommen. „Wir wünschen uns viele neue Mitglieder, Männer sowie Frauen, die sich bei uns mit ihren Ideen einbringen wollen“, sagt Wittenbreder.

Interessenten können sich bei der Regionalleiterin der Aktivsenioren, Barbara Wittenbreder, telefonisch unter 0911/505651 melden.
 

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