Alles auf dem Schirm

12.10.2016, 19:51 Uhr
Alles auf dem Schirm

© F.: Pfrogner

Das hätte eine spannende Auseinandersetzung zwischen zwei Experten werden können. Denn Röll kommt aus der Jugendarbeit und widmet sich trotz seiner 67 Jahre begeistert der Frage, wie die heranwachsende Generation die digitalen Medien nutzt. Die Selfie-Manie selbst vor ehrwürdigen Kunstwerken, das Posen vor Picasso verabscheut er nicht von vornherein als Unkultur und Selbstverliebtheit. Er sagt nur: Die Jugend lernt und denkt „anders“.

Diesem Anders müssten sich die Museen verstärkt öffnen – mit digitaler Werbung, mit „Störungen“ des jugendlichen Alltags in Form von Hinguckern, Teasern, mit überraschenden Aktionen. Und natürlich mit digitalen Möglichkeiten: Wie bei der Pokemon-Suche sollten die Museen „augmented reality“ in ihren Räumen bieten, zu Dürer wie Kiefer geht es dann etwa mittels QR-Code.

Was der Professor – leider schlecht und zu schnell artikulierend – in den Hirsvogelsaal warf, wäre eine ausführliche Diskussion wert gewesen. Zumal Spielzeugmuseumsleiterin Falkenberg mit ihrem Koreferat einen offeneren Standpunkt markierte. Zum einen hat auch in ihrem Haus die digitale Zukunft längst begonnen, mit vertiefender digitaler Abfrage zu einzelnen Themen, mit Audioguides in zehn Sprachen. Zum andern beharrt sie auf der Einzigartigkeit der Inhalte: Kinder wollen Dinge anfassen, testen, in ihrer Echtheit wahrnehmen.

Wenn dann noch gute Pädagogen dazu kommen, dann blieben auch junge Erwachsene mit offenem Mund vor einem Objekt stehen. „Im Museum ist alles Medium“, so Falkenbergs Motto. Alte Rezeptionsformen will sie mit neuen kombinieren. So kriegt man den Spannungsbogen hin, „sowohl Kontemplation und Stille als auch fröhlich-freche Inszenierung zu bieten“.

Moderatorin und Kultur-Stadträtin Ruth Zadek gelang es leider nicht, die Fachleute in eine Debatte zu zwingen. So blieb es dem Publikum vorbehalten, Zweifel an Rölls Begeisterung für das „andere“ Lernen der Jugend anzumelden. Ingrid Bierer, Leiterin der städtischen Museen, fragte sich, ob die aktuelle Medienrezeption der Whats App-Generation von Dauer sein werde.

Ex-Grundschullehrerin Ulrike Hess beharrte darauf, dass Pädagogen und Eltern Kinder an Museen heranführen könnten. KPZ-Leiter Thomas Brehm warb neben der nötigen Digitalisierung für die Museen, die „Dinge in ihrer realen Größe“ zeigten. Filmemacher Michael Aue hingegen stellte die provokante Frage, ob man nach Rölls Plädoyer für bedingungslose Digitalisierung das Museum als realen Ort überhaupt noch brauche.

Bedeutung wird sich relativieren

Das gab Karin Falkenberg Gelegenheit, nochmals für ihre Sicht der Dinge zu werben: Wie Fernsehen und Film nicht das Theater habe aussterben lassen, werde sich auch die Bedeutung der neuen Medien relativieren. „Das muss man halt aushalten.“ Das Museum selbst sei „eine Medienanstalt“, die noch vielfältiger werde.

Röll dagegen beharrte auf seinem Ansatz, dass die Museumsmacher von der jungen Generation lernen müssten. Den Einwurf einer Großmutter im Publikum, dass es ihr immer noch ganz gut gelinge, ihre Enkel für und im Museum zu begeistern, griff er so auf: Die Seniorengeneration komme mit den Kids oft besser klar als die Eltern, weil Oma und Opa selbst neugierig seien auf das, was die Selfie-Generation den Alten an Medienpraxis voraus habe. So könne man wechselseitig voneinander lernen. Was an diesem Abend nur begrenzt gelang.

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