Am Stadtrand haben Sozialwohnungen oft Gegner

16.1.2015, 06:00 Uhr
Am Stadtrand haben Sozialwohnungen oft Gegner

© Roland Fengler

Das war schon immer so. Niemand sagt offen, dass er keine Sozialmieter als Nachbarn möchte. Stattdessen wird mit überfüllten Schulen, fehlenden Parkplätzen, sinkender Immobilienrendite und der lädierten Landschaft argumentiert.

Während öffentlich geförderte Wohnungen in der Kernstadt geräuschlos unterkommen, fremdelt man in den Außenbereichen gerne mit den Neuen, die angeblich so anders sind. Sind sie das wirklich? 75 Prozent aller Nürnberger hätten vom Einkommen her Anspruch auf eine Sozialwohnung, schreibt OB Ulrich Maly den aufgebrachten Eigenheimbesitzern in Katzwang.

Sie sind nicht die Ersten, die auf die Barrikaden gehen. Als die wbg auf der Mögeldorfer Diehlwiese vor Jahren 80 Sozialwohnungen bauen wollte, fürchtete man in den benachbarten Villen und Eigentumswohnungen um die Grundstückspreise. Das ist heute ebenso vergessen wie der kleine Aufstand in der Herpersdorfer Röthestraße, wo ebenfalls öffentlich geförderter Wohnraum entstand.

Zu wenig Angebot

18.000 solcher Wohnungen gibt es im ganzen Stadtgebiet. Langwasser und Umgebung sowie Röthenbach/ Schweinau sind klare Schwerpunkte. Doch es gibt ein viel zu geringes Angebot, weil die Förderung lange lahmte. Mit Auflagen versucht deshalb der Stadtrat, den Sozialwohnungsbau anzukurbeln. Wer heute 100 neue Wohnungen baut, muss 30 öffentlich geförderte schaffen.

Am Stadtrand haben Sozialwohnungen oft Gegner

© Roland Fengler

Um nur 39 öffentlich geförderte Wohnungen geht es in Katzwang. Der Konflikt aber hat so heftige Reaktionen ausgelöst, dass der Sprecher der 120 Eigenheimbesitzer dort seinen Namen nicht mehr in der Zeitung lesen will. Man sollte ihnen eine Moschee vor die Haustüre bauen, habe es geheißen. Und auf unsrer Homepage wurde gegen den „Katzwanger Landadel“ ebenso geschossen wie gegen Sozialmieter, die angeblich massenhaft Einkaufswagen auf den Straßen stehen lassen.

Dass der soziale Spaltpilz in Nürnberg besorgniserregend wuchert, bestreiten alle, die mit dem Thema Erfahrung haben. „Diese Diskussionen führen wir nicht, Gott sei Dank“, sagt etwa Dieter Barth von der kommunalen wbg. Er habe nur sehr bedingt Verständnis für solche Ängste, sagt er. Die Stadt sei befriedet, „wenn man vom Speckgürtel außen herum absieht“. Doch auch die wbg hat in den letzten Jahren kaum geförderten Wohnraum gebaut. Jetzt sind insgesamt 1000 Einheiten in Planung, die Mehrzahl davon mit öffentlichem Geld gefördert.

Wut gegen Projekte

Ärger mit Nachbarn gibt es laut Barth bei Neubauten durchaus. Etwa wenn am Hasenbuck Alteingesessene gegen einen angeblichen „Monsterbau“ der wbg Sturm laufen. Die Wut richte sich aber nie gegen die künftigen Nutzer und ihre soziale Lage.

Sind öffentlich geförderte Wohnungen gerecht über die Stadt verteilt? Ganz genau weiß das keiner. Er habe zwar „riesige Tabellen“ mit den entsprechenden Immobilien, aber keine Karte, in der sie eingezeichnet seien, sagt Wirtschaftsreferent Michael Fraas, in dessen Referat das Thema angesiedelt ist.

So viel ist sicher: Dort, wo die Nürnberger ohnehin dicht wohnen, gibt es mit Abstand die meisten Sozialwohnungen. Man müsse eben schauen, wo es freie Grundstücke gebe, sagt denn auch Fraas’ Mitarbeiterin Britta Walter. Zitat: „Wir gucken, dass das ausgewogen ist.“ Allerdings könne man nicht wählerisch sein. Nur 86 geförderte Wohneinheiten wurden 2014 in der Stadt bezogen. 63 von ihnen waren Einfamilienhäuser.

Sozialmieten von bis zu acht Euro für den Quadratmeter seien „nicht gerade niedrig“, betont Britta Walter. In der Stadt gebe es keine sozialen Brennpunkte. Schon gar nicht in Katzwang, das Projekt dort sei wirklich klein. Grau, verwahrlost, trostlos, die Zeiten, als Sozialwohnungen so aussahen, sind lange vorbei. Bestes Beispiel: das Kreuzgassenviertel in der Altstadt, das Architekturpreise eingeheimst hat und geförderte Wohnungen mit frei finanzierten mischt. Unmöglich zu erkennen, wo wer wohnt.

33 Kommentare