Artisten, schrille Schreie und viel Grusel beim "Zirkus des Horrors"

19.5.2019, 16:34 Uhr
In detailverliebter Hingabe und sympathischer Mischung aus hochprofessionell und angenehmem Schmuddel entführt der Horrorzirkus Besucher in eine so rasante wie zuckende Welt.

© Anestis Aslanidis In detailverliebter Hingabe und sympathischer Mischung aus hochprofessionell und angenehmem Schmuddel entführt der Horrorzirkus Besucher in eine so rasante wie zuckende Welt.

Das Gastspiel beginnt mit einem großen Schreck - ja, auch für die Bucher, die ihr beschauliches Örtchen mangels besserer Alternativen zum Eventgroßparkplatz umfunktioniert sehen. Vor allem aber für die Besucher, für die es aus gleißender Maiabendsonne hineingeht in eine Welt der Düsternis, blutigen Experimente und verwirrten Gemüter: Professore Salvatore dei Morti, ein schwer gestörter italienischer Psycho-Forscher, und seine Angestellten sorgen schon am Eingang für gehörig Adrenalin, denn während draußen noch fröhlich geplauscht wird, ertönen drinnen schrille Schreckensschreie. Was einen beim Schritt in den Nebeldunst erwartet?

Keiner weiß. Nur eins ist klar: Der verrückte Professor ist ein Anhänger barbarischer Methoden, verlor erst Gattin und dann Anstellung und tourte fortan durch die Landen, um mittels seiner Propaganda-Vorstellung "Asylum" zu beweisen, dass seine Behandlungsmethoden nicht verwerflich, sondern revolutionär sind... Mit wohligem Schauer darf dann auch Platz genommen werden in den "Gruften", mit Spannung erwartet, was passiert, und vor allem befürchtet, sogleich Teil des Experiments zu werden.

Hier sind die Zombies los

Hier sind die Zombies los, die Wahnsinnigen und Gefährlichen, die ausbrechen aus ihren Kerkern und Laboren, durchs von außen so harmlos daherkommende Zirkuszelt jagen und die Besucher sanft mit Todesatem streicheln. Hier erweckt dei Morti die Toten zu neuem Leben, operiert am offenen Herzen, schickt Strom durch zuckende Leiber und sperrt Ungezogene in Käfige.

Hier sind die Zombies los.

Hier sind die Zombies los. © Anestis Aslanidis

Dieses Setting der fein ausgeleuchteten Geisterbahn ist Rahmenprogramm und Hauptattraktion des Horrorzirkus zugleich, in dem sich solide Artistennummern – mal hinlänglich bekannt, mal überraschend neu interpretiert – fleißig aneinanderreihen und zu einem großen Konzeptabend drapieren. Bei dem Brachialclownerie mit unerwarteten Wendungen und offenem Ende eben so Platz finden wie der protestantische Fleiß asiatischer Truppen, die sich Gegenstände oder einander zuwerfen, in orthopädisch bedenklicher Manier verbiegen und mit Sprungseilen die Entstehung des Gordischen Knotens erklären.

Und während Fernsehstarlet Kurt Späth sich fröhlich-gafernd mit Nadeln durchlöchert, Arme absägt und wenn schon nicht über seine eigene, nicht vorhandene Schmerzgrenze, so doch über die der Zuschauer empfindlich hinausgeht, erweisen sich die Kevins dieser Welt als diejenigen mit der echten Leidensfähigkeit und Sieger der Herzen.

Kaum mehr echte Überraschungen

Die Familie Sperlich, in generationenalter Tradition bestehend, beschreitet seit einigen Jahren diesen wirklich neuen Weg des Zirkusentertainments, in der selbst die hinlänglich als innovativ gepriesene Gigantenkonkurrenz mittlerweile kaum mehr echte Überraschungen liefert.

Kurzweilige Unterhaltung, solide Artistennummern und eine gehörige Portion Grusel!

Kurzweilige Unterhaltung, solide Artistennummern und eine gehörige Portion Grusel! © Anestis Aslanidis, NNZ

In detailverliebter Hingabe und sympathischer Mischung aus hochprofessionell und angenehmem Schmuddel entführt der Horrorzirkus Besucher in eine so rasante wie zuckende Welt, in der – alles andere als jugendfrei und nicht umsonst mit der ab-14-Empfehlung versehen – für knapp drei Stunden wohlig vergessen werden darf, dass außerhalb des Zeltes eigentlich alles sehr viel schauriger ist als drinnen und es sich auf der Welt über mehr zu wundern gilt als bedenkliche Bonanza-Choreographien von Zombie-Artisten. Sämtliche Akteure wurden übrigens als äußerst friedfertige und umgängliche Zeitgenossen zum Ende entlassen. Ein Glück!

"Zirkus des Horrors", 17. Mai bis 10. Juni in Nürnberg, Erlanger Straße / Ecke Bucher Hauptstraße, Showzeiten Mo-Fr 19.30 Uhr, Sa 15.30 & 19.30 Uhr, So & Pfingstmontag 18 Uhr (23.5. & 27.-30.5. Ruhetage!), Tickets ab 15 (ermäßigt) bzw. 20 Euro. Weitere Infos unter zirkusdeshorrors.de

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