"Asylothek" in der Kohlenhofstraße wird gut genutzt

2.1.2013, 07:00 Uhr
SPD-Stadträtin Brigitta Heinrich (links) und der Bundestagsabgeordnete Günter Gloser (3.v.l.) haben die "Asylothek" in der Kohlenhofstraße besucht und waren begeistert von dem Projekt. Gloser versprach ehrenamtliche Mithilfe.

© Hagen Gerullis SPD-Stadträtin Brigitta Heinrich (links) und der Bundestagsabgeordnete Günter Gloser (3.v.l.) haben die "Asylothek" in der Kohlenhofstraße besucht und waren begeistert von dem Projekt. Gloser versprach ehrenamtliche Mithilfe.

Günther Reichert möchte nicht einfach nur in der Stadt der Menschenrechte leben. Er möchte dazu beitragen, dass Nürnberg den Titel auch wirklich verdient. Deshalb hat er im vergangenen Sommer die Initiative ergriffen und im Keller der Einrichtung in der Kohlenhofstraße die „Asylothek“ eingerichtet – mit Erlaubnis der Regierung von Mittelfranken. Die Räume sind für die Menschen in der Gemeinschaftsunterkunft ein Ort, an dem sie Ruhe finden. Und Hilfe.

Dreimal in der Woche für zwei Stunden kann, wer möchte, zum Sprachunterricht kommen. Drei ehrenamtliche Helfer unterstützen Reichert. Ihr Wunsch für das neue Jahr: Sie möchten Mitstreiter gewinnen, damit die Bibliothek täglich geöffnet haben kann. Sie suchen nach Menschen, die Zeit verschenken, den Flüchtlingen helfen, sich in der Fremde zurechtzufinden.

Die Malerin Evi Luo, der Medizinstudent Samuel Svandrlik und der Künstler Jörg Knapp gehören zu Reicherts ehrenamtlichem Asylothek-Team. Es geht ihnen vor allem darum, dass die Menschen sich verständigen können. Ob sie Arabisch oder Russisch sprechen, ob es Kinder oder Erwachsene sind – der Unterricht verläuft nach unkonventionellen Regeln. „Wir kommen zurecht, manchmal mit Hilfe eines Kauderwelschs aus verschiedenen Sprachen“, sagt Evi Luo. „Es ist wichtig, die Leute überhaupt erst einmal zum Reden zu bringen.“ 150 Menschen leben derzeit in der Unterkunft am Kohlenhof, 15 Kinder und zehn Erwachsene gehören zu den Stammbesuchern der Bibliothek.

Einen neuen Ehrenamtlichen hat Reicherts Team schon sicher: Günter Gloser, den Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordneten. Er tritt bei der Wahl 2013 nicht mehr an und verspricht, sich dann für die Asylothek zu engagieren. „In neun Monaten“, sagt er, „habe ich etwas mehr Zeit als jetzt.“ Jedes Jahr am 31. Dezember besucht Gloser am Morgen eine soziale Einrichtung.

Im Männerwohnheim in der Pirckheimerstraße war er schon, in der Wärmestube, bei der Heilsarmee. Und immer bringt er Geschenke mit. Diesmal sind es Kinderbücher, die er in einem großen Karton auf den Tisch wuchtet. Zum Teil stammen sie von seinem eigenen Nachwuchs, der mittlerweile erwachsen ist. Und Gloser hat diesmal Gabriela Heinrich dabei, die Integrationsexpertin der SPD-Stadtratsfraktion. Sie wird an Glosers Stelle im Wahlkreis Nürnberg-Nord für die SPD antreten.

Thomas Bauer, der Regierungspräsident Mittelfrankens, ist des Lobes für Reicherts Engagement voll. „Wir sind froh, dass es Leute wie Sie gibt. Im Grunde bräuchten wir noch viel mehr.“ Gerade in den ländlichen Regionen herrschten oft sehr starke Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen. „Dabei sind wir auf Nachbarschaftshilfe, wie sie hier geleistet wird, angewiesen.“ Es sei ein großes Problem, dass die Asylbewerber nicht in dem Umfang sozial betreut werden können, wie es nötig wäre.

Der Freistaat habe zwar die Mittel dafür von 1,4 Millionen auf 2,6 Millionen Euro aufgestockt, aber das reiche nicht. „Die Wohlfahrtsverbände, die diese Arbeit leisten, bekommen trotzdem ihre Kosten nicht voll ersetzt.“ Die Konsequenz: Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) könne sich, weil sie selbst in Finanznöten steckt, nicht mehr um die Menschen in der Flüchtlingsunterkunft kümmern. „Ich bin deshalb sehr dankbar, dass die Stadtmission diese Aufgabe übernommen hat.“ Und auch der Stadt Nürnberg dankt Bauer, weil sie mehr Flüchtlinge aufnimmt, als sie der Quote nach müsste. „Wir sind froh dafür, wie die Stadt auf die Asylbewerberproblematik reagiert.“

Günter Reichert plant derweil schon sein neues Projekt: Er sucht Ehrenamtliche für Patenschaften. Menschen, die sich regelmäßig für ein paar Stunden der Flüchtlinge annehmen, vielleicht ab und an einen Ausflug mit ihnen machen. Dazu braucht er Freiwillige auf beiden Seiten – Einheimische und Neuankömmlinge. Er will genau darauf achten, dass die Menschen, die er zusammenbringt, auch zusammenpassen. Damit alle Seiten etwas von dem Projekt haben.

Die Asylothek befindet sich in der Kohlenhofstraße 26. Wer sich engagieren möchte, findet weitere Infos unter www.asylothek.blogspot.com
 

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