Bäckerin versorgt hungrige Gostenhofener Nachtschwärmer

16.11.2010, 22:53 Uhr
Bäckerin versorgt hungrige Gostenhofener Nachtschwärmer

© Stefan Hippel

Frau Gabsteiger, Sie stehen jeden Samstag und Sonntag ab 3 Uhr morgens hinter der Ladentheke. Was ist da los?

Margit Gabsteiger: Da herrscht viel Betrieb. Wie viel, hängt von den Veranstaltungen in den umliegenden Clubs und der Jahreszeit ab. Es kann schon passieren, dass bereits Leute vor der Tür warten, wenn ich im Sommer von der Backstube rübergeradelt komme. Manche nehmen sich etwas für den Heimweg mit, viele frühstücken gleich hier. Wenn es rappelvoll ist, dann sitzen die Leute auch auf der Taschenablage vor der Theke.



Gibt es verschiedene Sorten von Nachtschwärmern?

Gabsteiger: Nachts treffen sich hier alle möglichen Menschen, das ist ja das Schöne! Ich nenne sie immer „die Nachtgiger“. Fast jeder spricht mich mit Margit an, außer den Griechen, die nennen mich Oma — das ist wie eine große Familie. Das Publikum ist bunt gemischt, ich mag sie alle auf ihre Art: Polizisten, Krankenschwestern, Leute von der Justiz, Theaterbesucher, Wirte, Studenten, Clubberer, Szenegänger und manchmal auch Krawallmacher, aber die befördere ich schnell nach draußen. Nach Demonstrationen sitzen die jungen Leute nachts gern noch vorm Laden; das geht aber nicht, weil wir keine Anzeige wegen Ruhestörung bekommen möchten. Immerhin sind unsere Öffnungszeiten von der Stadt lediglich geduldet, da darf es keine Probleme geben.

Auf was haben denn hungrige Nachtgiger am meisten Appetit?

Gabensteiger: Vor allem auf pikante Sachen. Wir bieten neben Backwaren auch Currywurst, Schweinebraten und vegetarische Nudeln an — alles mit Käse überbacken. Das sind in den frühen Morgenstunden die Klassiker! Und Süßes wie Nussecken, Schokodonuts und -croissants.

Wie sind Sie vor zehn Jahren auf die Idee gekommen, die Bäckerei täglich um drei Uhr zu öffnen?

Gabsteiger: Das hat sich so ergeben. Wir waren ja sowieso schon immer früher da, um alles vorzubereiten. Damit der Dampf des Ofens abziehen konnte, hatten wir die Tür geöffnet — und dann standen immer wieder unvermittelt Leute im Laden, die schon etwas kaufen wollten.

Lohnen sich die ungewöhnlichen Öffnungszeiten?

Gabsteiger: Am Wochenende immer und unter der Woche meistens auch.

Hatten Sie schon mal Ärger mit Betrunkenen?

Gabsteiger: Selten. Polizeibeamte holen bei mir nicht nur regelmäßig ihr Frühstück, sondern behalten auch unsere Bäckerei im Blick. Als sich einmal zwei Burschen geschlägert haben, rannte ich raus und schrie „Hilfe, die schlagen meinen Laden zusammen!“.

Und was ist dann passiert?

Gabsteiger: Sie hatten die Einsatzzentrale informiert, schnell waren fünf Streifenwagen zur Stelle. Aber wie gesagt: Solche Erlebnisse sind aber die Ausnahme. Wenn nachts Betrunkene hierherkommen, sind sie in der Regel nett und immer höflich. Manche schämen sich sogar und entschuldigen sich am Tag danach dafür, dass sie wohl zu tief ins Glas geschaut hätten. Ich sage dann immer: Das habe ich gar nicht gemerkt.

Wie würden Sie das Gostenhofer Nachtleben beschreiben?

Gabsteiger: Multikulti und einfach wunderbar.

Sie arbeiten von Mitternacht bis 11Uhr morgens — und das sieben Tage die Woche. Wie schaffen Sie das?

Gabsteiger: Meine Arbeit macht mir Spaß und tut mir einfach gut. Außerdem trinke ich jeden Morgen einen frischen Gesundheitsdrink, das hält fit. Das Rezept? Ingwer, Apfel, Staudensellerie, Orange, Zitrone, Karotte und Fenchel. Verkauft wird er nicht, dafür ist seine Herstellung zu aufwendig. Aber gute Gäste kriegen immer mal ein Gläschen.

Bleibt bei so viel Arbeit noch Zeit fürs Privatleben oder Kino- und Theaterbesuche?

Gabsteiger: Kino und Theater brauche ich nicht, hier ist genug los! Mein Mann und mein Sohn sind Bäckermeister, wir sehen uns also tagsüber. Da ich normalerweise um 18Uhr ins Bett gehe, verabrede ich mich meistens nachmittags. Und wenn dann doch mal abends eine Einladung kommt, mache ich halt durch.