Bamf: Willkürliche Entscheidungen über Flüchtlinge?

17.7.2017, 05:55 Uhr
Das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge steht seit geraumer Zeit in der Kritik.

© dpa, Montage Das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge steht seit geraumer Zeit in der Kritik.

Entgegen Beteuerungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und der Bundesregierung werden in Entscheidungszentren schon lange über Flüchtlinge aus Ländern entschieden, die bei Experten als höchst komplex gelten. 

Darunter fallen auch Somalia, Nigeria und auch Afghanistan. Das geht aus einer internen Tabelle vor, die den Nürnberger Nachrichten vorliegt. Besonders Afghanistan gilt als ein sehr komplexes Land; nach Bamf-Statistik erhielten 55,8 Prozent der afghanischen Asylsuchenden im vergangenen Jahr in Deutschland Schutz.

Die Bundesregierung hatte bisher erklärt, in Entscheidungszentren würden eher simple Fälle bearbeitet. Es handle "sich um ausgewählte Herkunftsländer mit zumeist einfacher Fallgestaltung", heißt es im April in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion. In Entscheidungszentren entscheiden Mitarbeiter lediglich über Asylanträge, die Anhörung findet an anderer Stelle zuvor statt. Mehrfach gab es Berichte über nur gering qualifizierte Mitarbeiter in Entscheidungszentren.

"Wahrhaft ein Skandal"

"Es ist wahrhaft ein Skandal, dass auch über die Anträge von Schutzsuchenden aus Ländern wie Afghanistan in solchen Zentren immer wieder entschieden wurde, ohne das jeweilige Einzelschicksal vor Augen zu haben", sagt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, gegenüber den Nürnberger Nachrichten. "Willkürlichen Entscheidungen" werde "Tür und Tor" geöffnet. "Statt komplexen Fällen durch sorgsame Prüfverfahren Rechnung zu tragen, werden diese einer Bürokratie übergeben, die vor allem nach Effizienzkriterien umstrukturiert wurde und möglichst schnell Entscheidungen treffen soll."

Eine Bamf-Sprecherin erklärt auf Nachfrage, man könne keine exakte Unterteilung nach Herkunftsländern, die in einem Entscheidungszentrum bearbeitet werden, treffen. Das richte sich nach Personalressourcen, Auslastung der Mitarbeiter und Qualifikation. Im Übrigen werde inzwischen wieder ein großer Teil der Verfahren in Einheit von Anhörer und Entscheider entschieden. Zudem sei die Zahl der Entscheidungen, die in einem Zentrum behandelt würden, gesunken: Während es im vergangenen Jahr noch 66 Prozent waren, seien es im ersten Quartal 2017 nur noch 30 Prozent gewesen. 

Nach Informationen der Nürnberger Nachrichten jedoch wurde die Liste der in Entscheidungszentren zu behandelnden Länder im Mai sogar erweitert. Nun stehen auf ihr auch noch weitere höchst komplexe Länder wie Äthiopien, Sudan oder Iran.

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