Bezirk zahlt Einkaufsbegleitung durch Taxifahrer nicht mehr

11.3.2016, 06:00 Uhr
Etwa fünfmal pro Monat fährt die blinde Ruth Peter im Rahmen des Behindertenfahrdienstes mit dem Taxi zum Einkaufen – und ist froh, dass Taxifahrer Oliver Meierhöfer ihr dann auch gleich beim Tüten schleppen hilft.

© Michael Matejka Etwa fünfmal pro Monat fährt die blinde Ruth Peter im Rahmen des Behindertenfahrdienstes mit dem Taxi zum Einkaufen – und ist froh, dass Taxifahrer Oliver Meierhöfer ihr dann auch gleich beim Tüten schleppen hilft.

Obwohl Ruth Peter blind ist, fährt sie regelmäßig mit der U-Bahn in die Stadt, um ihre Einkäufe zu erledigen. Nur in der Ferienzeit, wo oft viel los ist, oder wenn schwere Besorgungen anstehen, nutzt sie den Behindertenfahrdienst. Oliver Meierhöfer und die 67-Jährige sind ein eingespieltes Team: Der Taxerer kennt Peter seit Jahren und weiß, in welchen Geschäften sie am liebsten einkauft und wo im Regal das Hundefutter für ihren Vierbeiner steht. Doch damit soll nun Schluss sein.

Bis 2007 waren die Kommunen und somit auch die Stadt Nürnberg zuständig für den Fahrdienst, den Menschen mit Behinderung und einem geringen Einkommen nutzen können. Damals erhielten diese Gutscheine, mit denen sie ihre Fahrten bezahlen konnten. Seit 2008 ist der Bezirk Träger und Auftraggeber des Fahrdienstes, 2010 regelte er das Verfahren neu.

Seitdem dürften die Teilnahmeberechtigten zwar mehr Kilometer pro Jahr verfahren, allerdings sei die Abrechnung auch viel bürokratischer, sagt Wolfgang Ziegler, Vorstand der Taxizentrale Nürnberg. Zirka 6000 Fahrten im Rahmen des Behindertenfahrdienstes übernehmen die Taxerer pro Monat, teilnahmeberechtigt sind rund 1550 Nürnberger.

Behinderte Fahrgäste müssen Extra-Begleitung anfordern

Vor zwei Wochen nun teilte der Bezirk Mittelfranken den Taxiunternehmen zudem mit, dass er die Kosten für die Einkaufshilfe ab sofort nicht mehr übernimmt. Diese sei sogar nie Bestandteil des Behindertenfahrdienstes gewesen, bei dem es ausschließlich um "Mobilitätshilfe" gehe, nicht um "Assistenzleistungen", wie die Pressestelle auf Anfrage mitteilte. "Dabei machen das die Nürnberger Taxifahrer schon seit über 25 Jahren so", wundert sich Ziegler.

Auf diese gängige, allerdings nicht regelkonforme Handhabung sei der Bezirk "erst jetzt im Rahmen intensiverer Prüfungen" aufmerksam geworden. Dass die Taxerer ihren Fahrgästen nicht mehr beim Einkaufen helfen dürfen, müssen sie ihnen auch selbst erzählen, der Bezirk will nur "im Einzelfall" Anfragen der Teilnahmeberechtigten beantworten.

Für ihre Einkäufe müssen die behinderten Fahrgäste nun extra eine Begleitung anfordern. Der Taxifahrer darf beide zwar zum Laden fahren, "an der Tür muss er aber ,Tschüss‘ sagen", formuliert es Oliver Meyerhöfer. Billiger für den Bezirk wird es auch nicht, rechnet der Taxifahrer vor: Früher ließ er einfach den Taxameter während des Einkaufs weiterlaufen; bei 40 Cent pro Minute machte das in der halben Stunde gerade einmal zwölf Euro.

Nun müsse er den Rückweg als neue Fahrt abrechnen. "Das wird teurer als vorher, weil beim ersten Kilometer noch die Grundgebühr dazukommt."

Und auch für die Fahrgäste steigt der Aufwand: Schließlich müssen sie die Einkaufshilfe erst anfordern und einen Termin finden. "Wenn ich kurz vor Ladenschluss merke, dass ich kein Brot mehr habe, ist das Taxi schon in sieben Minuten da", sagt Sabrina Leibl. So flexibel stünde eine Einkaufsbegleitung nicht zur Verfügung. Die 31-Jährige ist gehbehindert und ist bei längeren Strecken auf einen Rollstuhl angewiesen. "Alle reden immer von Integration und Inklusion, aber mit dieser Regelung beschränkt der Bezirk meine Selbstständigkeit absolut unnötig“, sagt Leibl.

In der Bildunterschrift hieß es in einer früheren Version, dass Ruth Peter fünfmal pro Woche mit dem Taxi zum Einkaufen fährt. Dies stimmt nicht - sie fährt fünfmal pro Monat. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. Die Redaktion.

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