Bildband: Plakate erzählen Stadtgeschichte

10.12.2009, 00:00 Uhr
Bildband: Plakate erzählen Stadtgeschichte

© Karlheinz Daut

«Als ich 1949 als Amtsgrafiker zum Hochbauamt kam, hat niemand an Kultur- oder Plakatwerbung gedacht», sagt Fritz Henry Oerter rückblickend. Wie auch: Nürnberg lag in Schutt und Asche. Gut erinnert sich Oerter noch an seinen ersten Auftrag für den Christkindlesmarkt. 1951 war das, drei Jahre nachdem die Budenstadt wieder auf den Hauptmarkt zurückgekehrt war. «Der Markt lag als kleines Städtchen vor düsterer Ruinenlandschaft. Auch wenn es damals so etwas wie Event noch nicht gab: Das war das erste Highlight Nürnbergs», sagt der heute 81-Jährige. Davon erzählt auch das Buch, das eben keine Aneinanderreihung von Oerter-Repros ist, sondern seine Entwürfe aus den Jahren von 1951 bis 1991 in Stadtgeschichte(n) einbindet.

«Unter acht Tagen war so ein Plakat nicht zu machen»

Für das dafür nötige Insiderwissen bürgen die 16 Autoren, darunter Siegfried Zelnhefer, Leiter des Presse- und Informationsamts der Stadt Nürnberg, Michael Diefenbacher, Leiter des Stadtarchivs, und Hermann Glaser, langjähriger Schul- und Kulturreferent in Nürnberg. Sie erzählen kurze Geschichten und Anekdoten über Nürnberg - die Themen reichen vom Altstadtfest über die Jazz-Szene bis zum Planetarium.

Für den berühmten Weihnachtsmarkt hat Oerter in seiner langen Karriere noch oft kreativ gearbeitet: «Es gibt sieben oder acht wirklich gute Plakate zum Christkindlesmarkt», sagt er nicht unbescheiden. Sie alle entstanden noch in echter Handarbeit und ohne moderne Computer-Grafikprogramme. «Wir beherrschten noch die alten Techniken», erinnert sich Oerter und meint zum Beispiel Lithografien und Holzschnitte. «Unter acht Tagen war so ein Plakat nicht zu machen», sagt er. Heute geht das flotter und billiger, dafür fehlt aber, wie der erfahrene Grafiker bemängelt, «die persönliche Handschrift» im heutigen Massenprodukt.

Lieblingsthemen: Tiergarten und Spielzeugmuseum

«Für 1000 Plakate musste man früher 10.000 Mark hinlegen, heute gibt es dieselbe Menge für 1000 Euro», rechnet Reiner Niebauer, Geschäftsführer des W. Tümmels-Verlages vor, in dem das Buch erscheint. Das Layout dafür hat natürlich der Meister selbst entworfen. «Er hatte und hat ein hohes Maß an Überzeugungskraft», sagt Zelnhefer über den Grafiker, der auch internationale Wettbewerbe gewonnen hat. Und wenn man ihn selbst fragt, ob manche Nürnberger Institutionen an seinen Entwürfen vielleicht auch mal herumgemäkelt haben, erntet man ein klares und promptes: «Nein».

Oerter hat für den Bayerischen Rundfunk und das Germanische Nationalmuseum, für Festivals und Einzelveranstaltungen, für die städtischen Bühnen und Museen gearbeitet. Seine Lieblingsthemen waren aber stets der Tiergarten und vor allem das Spielzeugmuseum. «Nach der Zeit der Reichsparteitage und Nürnberger Prozesse musste man Nürnberg ein neues Gesicht geben. Dafür war Spielzeug ein verbindendes und gutes Element», sagt Oerter, dem der Lokalpatriotismus in die Wiege gelegt war. Schließlich ist er gebürtiger Nürnberger.

«Das entscheidende ist das Überraschungsmoment»

Zelnhefer lobt ihn als ersten Image-Profi seiner Heimatstadt: «In einer Zeit, als das noch nicht en vogue war, hat er ein Corporate Design entwickelt.» Dafür setzte der kreative Kopf, der zeitweise bis zu sechs Mitarbeiter hatte, viele verschiedene Techniken und Stile ein. Nichts ist in der Werbung schließlich langweiliger als Gleichförmigkeit: «Das entscheidende ist das Überraschungsmoment», sagt der Experte, dessen künstlerisches Spektrum von naiver Malerei bis zu minimalistischer Grafik reicht.

Diese Vielfalt im Schaffen Oerters dokumentiert auch das rund 700 Plakate, Flyer und Fotos umfassende Konvolut an Dokumenten, die er im vergangenen Jahr dem Stadtarchiv überlassen hat. Das gab den Anstoß zu dem nun druckfrisch vorliegenden Buch. BIRGIT RUF

«Nürnberg. Zeitgeschichte im Spiegel des Plakats 1951-1991», W. Tümmels Verlag, Nürnberg, 172 Seiten, 34 Euro.

Mehr Plakate von Oerter im Internet unter www.nn-online.de