"Bodycams" in Nürnberg: Deutlich weniger Attacken

2.8.2018, 06:47 Uhr

© André De Geare

Das Smartphone ist immer dabei. Und wenn junge Leute feiern und die Laune gut ist, wird draufgehalten und eifrig geknipst. Bei der Bodycam verhält es sich genau umgekehrt. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn die Stimmung kippt, aus dem Ruder läuft oder eine Situation zu eskalieren droht.

Die DB Sicherheit hat die Kameras an Nürnbergs Brennpunkt, dem Hauptbahnhof, seit fast einem halben Jahr im Einsatz. Der Ablauf ist folgender: In großen Lettern weist zunächst das Wort "Video" auf dem Rücken der Mitarbeiter darauf hin, dass hier Aufnahmen möglich sind.

Nur wenn es heikel wird

Gefilmt wird nicht permanent. Wenn es heikel wird, aktiviert der Mitarbeiter via Knopfdruck die Kamera. Zu diesem Zeitpunkt findet noch keine Aufzeichnung statt — aber derjenige, der ihm gegenüber steht, sieht sich wie bei einem klassischen Selfie in einem kleinen Monitor selbst. Diese Spiegelung der eigenen Person, so ein Bahnsprecher, wirke oft bereits deeskalierend. Erst, wenn sich die Person weiterhin aggressiv zeigt, werde der Aufnahmeknopf gedrückt.

Die Arbeit der Kollegen sei dadurch sicherer geworden, sagt der Bahnsprecher — und belegt die Aussage mit Zahlen: Seit Februar habe es am Hauptbahnhof Nürnberg vier Angriffe auf Sicherheitsmitarbeiter gegeben. Dabei sei ein Kollege verletzt worden. In einem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres seien 17-mal Mitarbeiter attackiert worden.

Die Nürnberger Bahn-Mitarbeiter waren als Erste im Freistaat mit den Kameras ausgestattet worden. Schließlich gilt der Hauptbahnhof als äußerst problematisch. Eingesetzt werden die Kameras nur zu Zeiten mit "erhöhtem Konfliktpotenzial", wie es heißt. Also bei Fußballspielen, am Wochenende und am Abend. Insgesamt waren es 700 Schichten, bei denen die Kameras im Einsatz waren.

Die Hemmschwelle steigt, sagen Experten

17 Videosequenzen wurden in der Einsatz-Zeit aufgezeichnet. In vier Fällen wurden die Daten der Bundespolizei übergeben. Die restlichen Dateien konnten nach 24 Stunden wieder gelöscht werden.

Im zweiten Quartal des kommenden Jahres will die Nürnberger Polizei die Bodycam als zusätzliche Sicherheit nutzen. 2016 und 2017 wurden in Augsburg, München und Rosenheim bereits Erfahrungen damit gesammelt. Die Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern, Fachbereich Polizei, hat die Aktivitäten wissenschaftlich begleitet.

Auch hier sind die Erfahrungen durchwegs positiv: Die Bodycam leiste einen signifikanten Beitrag zum Schutz der Polizeibeamten, heißt es. Bei mehr als jeder vierten Aktivierung sei die Wirkung spürbar gewesen und die Lage habe sich entspannt. Dieser technische Zusatz sei wichtig, denn "die Hemmschwelle vor gewalttätigen Übergriffen gegen die Polizei steigt", sagt Sprecherin Elke Schönwald. Die damit ausgestatteten Beamten seien zufrieden und die angefertigten Aufnahmen hätten teilweise als Beweismittel in Ermittlungs- und Strafverfahren Verwendung gefunden.

Und wie sieht es mit unbeteiligten Bürgern aus? Hier habe die Polizei keine Nachteile feststellen können. "Die Bürger akzeptieren die Bodycam. Ein unbefangener Kontakt mit den Menschen ist weiterhin möglich", sagt Elke Schönwald.

Die Vorgehensweise ist also klar — nur über das Modell ist noch zu verhandeln. Aktuell wird ein einheitliches Kameramodell genutzt. Doch da der Markt hier mehrere Varianten bietet, soll erst nach einem europaweiten Ausschreibeverfahren entschieden werden, welcher Hersteller seinen Fokus auf Störenfriede richten darf.

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