Brand legt Müllverbrennung lahm

22.4.2010, 00:00 Uhr
Brand legt Müllverbrennung lahm

Es ist nicht das erste Mal, dass es im Müllbunker, in dem 50 Meter langen, 15 Meter breiten und rund 30 Meter hohen Schacht, in den die Müllabfuhr ihre Wagenladungen kippt, kokelt und qualmt. Kleinere Brände kommen immer wieder einmal vor, die hauseigene Löschanlage bekommt diese normalerweise in den Griff. Aber ein Feuer in diesem Ausmaß? »In der Größenordnung und in dieser Komplexität hatten wir das noch nicht«, sagt Arndt und blickt ungläubig auf die Betonmauern des Bunkers, hinter denen die Flammen lodern. Arndt arbeitet seit 27 Jahren beim Abfallwirtschaftsbetrieb Nürnberg (ASN); seit zwei Jahren als Werkleiter.

Brandnest tief im Müll verborgen

Der Brand hält die Feuerwehr einen Tag und zwei Nächte lang in Atem. Hans Peter Reißmann von der Berufsfeuerwehr prophezeit, dass sich die Löscharbeiten sogar bis heute Mittag hinziehen werden. Die Einsatzkräfte tun sich schwer. Sie kommen schlecht an den Kern heran. Das Brandnest wird ziemlich weit unten im 1500 Tonnen schweren Müllberg vermutet.

Die Feuerwehr müht sich, diesen unter einem weißen Schaumteppich zu begraben, um dann Müllschicht um Müllschicht abzutragen. Leichter gesagt als getan. Sogar der Schaum wird knapp. Als die Feuerwehr ihre Vorräte in den Schlund des Schachts gepumpt hat, plündert sie das Lager der Flughafen-Feuerwehr. Eine Tanklieferung mit Schaumkonzentrat, die noch in der Nacht bei einer Hamburger Firma geordert wurde, ist zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Weg nach Nürnberg.

1000 Tonnen täglich

Die Ursache für das Feuer im Müllbunker ist noch nicht gefunden. Die Polizei hält es für möglich, dass sich der Müll - täglich werden hier 900 bis 1000 Tonnen aus Nürnberg und der Umgebung angeliefert - aufgrund einer chemischen Reaktion entzündet hat. ASN-Mitarbeiter halten es genauso für denkbar, dass so banale Dinge wie heiße Grillkohle oder eine glimmende Zigarette, die in den Hausmüll und später in den Schacht gekippt wurden, schuld sein könnten.

Wer in Sandreuth, Steinbühl, Gibitzenhof, Hummelstein, Rabus oder am Hasenbuck wohnt, bekommt das Feuer hautnah mit. Qualm und Gestank ziehen in die Stadtteile. Die Bewohner werden über Radiodurchsagen informiert, Fenster und Türen zu schließen. Die Polizei benachrichtigt die Leiter benachbarter Schulen und Kindergärten, damit die Kinder im Gebäude bleiben - sicherheitshalber, wie es heißt. Über Sandreuth zieht derweil eine vier bis fünf Kilometer lange Rauchwolke Richtung Osten. Der Polizeihubschrauber ist mit einem Messtrupp der Feuerwehr in die Luft gestiegen.

Keine gefährlichen Konzentrationen gemessen

Felix Geismann, Vorsitzender des Bürgervereins St. Leonhard/Schweinau, jagt sofort einen Brief an das Bayrische Landesamt für Umwelt, weil er vermutet, dass giftige Emissionen aufgetreten und die Bevölkerung über »die Gefährdung« nur »schleppend und unzureichend informiert« worden sei. Umweltreferent Peter Pluschke und Reißmann geben Entwarnung. Es würden ständig Messungen durchgeführt. Es seien keine gefährlichen Konzentrationen gemessen worden, sagt Reißmann.

Die gute Nachricht an diesem Tag: Niemand wurde verletzt. Wie hoch der Schaden an der Müllverbrennung ist, ist noch unklar. Werkleiter Arndt hofft, dass die Anlage kommende Woche wieder in Betrieb gehen kann. Solange sie still steht, bringt die Müllabfuhr den Abfall zur Reststoffdeponie am Hafen; zu einem provisorischen Zwischenlager. Damit die Nürnberger nicht auf ihrem Müll sitzenbleiben.