Bunkerhotel: Quartier in Notjahren

15.9.2008, 00:00 Uhr
Bunkerhotel: Quartier in Notjahren

© Karlheinz Daut

Knapp ein halbes Jahr hat Margarete Eigenbrod im Untergrund verbracht - doch nicht etwa als Partisanin oder gar mit einer Ganovenbande. Und die Episode in ihrem Leben liegt auch schon 60 Jahre zurück: Im Frühjahr und Sommer 1948 hatte die gebürtige Lauferin eine Stelle als Zimmermädchen im «Bunkerhotel» unter dem Nürnberger Obstmarkt.

Die Anlage mit einer knapp zweieinhalb Meter dicken Betondecke hatten Zwangsarbeiter 1942 errichtet, als sich verstärkte Luftangriffe auf Nürnberg abzeichneten. Während der schwersten Attacken in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs suchten dann oft um die 1000 Bürger Schutz in den bis zu zehn Meter tief unter der Oberfläche liegenden, aber nur für 450 Leute vorgesehenen Räumen. «Über viele Einzelheiten wissen wir gut Bescheid, weil sich die Aufzeichnungen des Bunkerwarts erhalten haben», erläutert Michael Kaiser vom Garnisonmuseum bei den Führungen.

Leere Zimmer

In der weithin zerstörten Altstadt boten sich die Bunkerräume allerdings auch nach Kriegsende noch als Unterkunft an; so entstand das «Bunkerhotel» - die gemalten Zimmernummern sind heute noch erkennbar, die Räume selbst aber dunkel und leer. Die steilen Stufen wollte sich Margarete Eigenbrod gestern allerdings mit ihren 87 Jahren nicht mehr zumuten.

Überhaupt hatte erst die Ankündigung des Denkmaltages ihre Erinnerungen wieder geweckt. Ein Foto von damals und eine Bestätigung des Arbeitgebers hat sie bis heute sorgfältig verwahrt. Um nach Hause zu gelangen, musste sie den Weg nach Lauf etwa einmal pro Woche zu Fuß zurücklegen. «Viel los war 1948 nicht mehr», erzählt sie, «deshalb wurde mir schließlich auch wegen Arbeitsmangels gekündigt.»

Doch fand sie danach rasch neue Beschäftigungen, wiederum in der Gastronomie - erst in den Hotels Victoria und Deutscher Kaiser, dann als Köchin im Schlachthof, wo sie bereits während der Kriegsjahre gearbeitet hatte.

Auf großes Interesse stoßen bei den Führungen nicht zuletzt einige Relikte, die sich im Bunker oder im Altstadtschutt gefunden hatten - etwa zu Splittern verschmorte Bombenreste und Stahlhelme von deutschen wie von amerikanischen Soldaten.

Als kleines «Zuckerl» - typisch für den Tag des offenen Denkmals - rundete ein Einblick in die sonst unzugänglichen Ratsstuben mit ihrer neugotischen Ausstattung die Touren ab.

Im Unterschied zum «Bunkerhotel» und weiteren Stationen des diesjährigen Denkmaltag-Programms werden die Handwerkerhäuser in der Kühnertsgasse in absehbarer Zeit allerdings regelmäßig zugänglich sein: Die Naturhistorische Gesellschaft richtet dort ein Handwerkermuseum ein. Es soll, wenn alles nach Plan läuft, Ende 2009 eröffnet werden.