Das grüne Glück kostet nur 450 Euro im Jahr

16.9.2008, 00:00 Uhr
Das grüne Glück kostet nur 450 Euro im Jahr

© Joswig

Schrebergärten, noch vor kurzem als spießig verschrieen, sind wieder im Trend. Und bei Neuverpachtungen machen mittlerweile junge Familien mit Kindern 45 Prozent aus. Auch in Thon? «Gerade in den letzten zwei Jahren sehe ich einen steigenden Bedarf an billigen Gärten», meint Merzbacher. Früher hätten die Leute «ohne mit der Wimper zu zucken» 8000 Euro Ablöse hingeblättert, heute seien es maximal 3000 Euro.

Wasser, Strom, Kompostumlage

«Sie können einen Garten für 1000 Euro Ablöse haben, da müssen Sie natürlich noch Geld reinstecken. Sie können aber auch einen für 9000 Euro haben. Da brauchen Sie sich nur noch reinzusetzen - und zu feiern!», bestätigt Jochen Obermeier, der erste Vorstandsvorsitzende des Stadtverbands der Nürnberger Kleingärtner. An jährlichen Pachtgebühren fielen in allen Kolonien 79 Cent brutto pro Quadratmeter an. Gebühren für Vereinsbeiträge, Kompostumlage, Wasser- und Stromverbrauch et cetera kämen natürlich noch dazu. Normale Gärten seien aber schon für jährlich 400 bis 450 Euro zu haben.

Während die Wartelisten in Berlin oder München immer länger werden, ist die Situation in Nürnberg recht entspannt. Zwar nehmen sich die 6991 Gärten des Stadtverbandes angesichts rund 1,24 Millionen Schrebergärten bundesweit verhältnismäßig bescheiden aus. Trotzdem müssten Bewerber auf eine Parzelle beispielsweise in den 148 Gärten der Anlage gleich hinter der Endhaltestelle Thon derzeit nur rund ein Jahr warten, bis sie ein Grundstück zugeteilt bekämen.

Weil sich viele Leute teuren Urlaub nicht mehr leisten können, entwickelt sich der eigene kleine Garten zum Urlaubsersatz, meint Thomas Wagner vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde. Auch habe sich das Freizeitverhalten im letzten Jahrzehnt stark gewandelt, es habe sich ein Wertewandel vollzogen. «Jungen Leuten sind Familie und eigene vier Wände wieder wichtiger geworden!», unterstreicht er.

Angesichts der vielen Lebensmittelskandale ist der Anbau von eigenem Gemüse und Obst attraktiv geworden. Nicht nur wegen der Preise. Darin sind die Discounter wohl weiterhin unschlagbar. «Aber meine Möhren schmecken wenigstens nach Möhre und nicht nach Aldi», freut sich Moni Kettner und schneidet routiniert das Kraut von den orangefarbenen Rüben ab, die sie gerade aus der fetten, schwarzen Erde gezogen hat. Ihr Mann Kurt kippt derweil Kaffeesatz in den Thermo-Komposter. Seit 46 Jahren sät, pflanzt, häckselt, hegt und pflegt das Ehepaar im Nürnberger Norden sein Grundstück in der grünen Oase am Zeisigweg. Mühe macht das. Aber auch Freude: «Natürlich wird man ein bisschen älter dabei und steifer, aber der Rücken spielt noch immer mit,» freut sich Kurt.

In der Kleingartenkolonie an der Eichendorffstraße sieht das auch Irene Ufert nicht anders. «Ich habe Äpfel, einen Kirschbaum und hinterm Haus ein Kräuterbeet. Und meine Haselnüsse teile ich gerne mit den Eichhörnchen, es ist ja genug von allem da.» Zwar sind ihre Ernteerträge nicht groß. Was aber auch nicht weiter verwundert, da sich auf ihrem Grundstück vor allem Rasen und gepflegte Rosenrabatten breit machen. Der 65-Jährigen ist vor allem die Ruhe wichtig, die sie auf ihrem kleinen Grundstück hat. «Hier ist es doch wie in der Toskana», lächelt sie und nippt an einem Glas Prosecco, den sie aus ihrem Keller-Kühlfach aus gemauertem Stein holt.

Wie in der Toskana? Heute ist alles viel lockerer als früher. Natürlich gibt es Vorschriften: Chemie zur Düngung oder Schädlingsbekämpfung ist laut Bundeskleingartengesetz verboten. Ebenfalls das dauerhafte Wohnen. Und natürlich sind Ruhezeiten einzuhalten.

Auch baulich ist alles klar geregelt: So bieten viele Kolonien bereits «Arbeitsstrom», der allerdings nur für elektrische Geräte verwendet werden sollte, die zur Gartenarbeit benötigt werden. Überhaupt scheint Elektrizität ein Reizthema zu sein: «Seltsamerweise sind es nicht nur die Älteren, die in ihren Gärten keinen Strom wollen. Das sind einfach nur Leute, die Lärm durch Radios und Fernseher fürchten. Vielleicht auch durch elektrische Sägen, Hobel und Bohrmaschinen. Das darf man nicht vom Tisch wischen», erklärt Obermeier. Er selbst findet Strom in Gartenanlagen praktisch, da der Lärm durch benzinbetriebene Rasenmäher auch störend sei. Und wem eine Kerze reiche, der müsse den Strom ja nicht einschalten.

Steigende Nachfrage nach preiswerten Gärten verzeichnet man auch bei der «Bahn-Landwirtschaft Bezirk Nürnberg e.V.» Während früher nur Eisenbahner als Pächter in Frage kamen, kann sich heute jeder melden: «Bei uns kommen auch Leute mit kleinerem Geldbeutel zum Zug!»

Keine Experimente!

Zwar gebe es in den Kolonien der 18 Unterbezirke 500 Quadratmeter große Grundstücke, beispielsweise am Dutzendteich. Ein einfaches Holzhaus auf einem 200-Quadratmeter-Grundstück sei aber schon für 500 Euro Ablöse zu haben. Luxus darf man da natürlich keinen erwarten. Und wie in allen Kleingärten können sich verhinderte Baulöwen auch hier nicht verwirklichen und etwa futuristische Gebilde aus Stahl, Glas und Beton auf ihre Parzelle setzen.

Stadtverband der Kleingärtner

59 11 50

www.kleingaertner-nuernberg.de

Bahn-Landwirtschaft Bezirk Nürnberg

40 08 99 70

www.kleingarten-bund.de

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