Der Nürnberger mit dem Chip unter der Haut

23.4.2016, 05:59 Uhr
Der Nürnberger mit dem Chip unter der Haut

© Symbolbild: privat

Herr Bock, wann haben Sie Ihren kleinen Chip denn zuletzt benutzt?

Rainer Bock: Vor einer Woche in Moskau. Am Eingang unserer Niederlassung steht ein Lesegerät, das mein Implantat erkennt. So komme ich rein und brauche keine Schlüsselkarte. Ich bin sehr vergesslich, was Schlüsselkarten angeht.

Ein Implantat, nur um ins Büro zu kommen – ist das nicht übertrieben?

Bock: Es ist mehr als das. Ich nehme an einem Forschungsprojekt meiner Firma teil. Wir wollen wissen, was man mit so einem Chip alles machen kann, und vor allem, wie die Daten gesichert werden können. Zehn Kollegen haben mitgemacht, ich wollte aus Neugier dabei sein.

 

Wer hat Ihnen denn den Chip eingepflanzt?

Bock: Das war ein Piercer . . ..

. . . kein Arzt?

Bock: Nein, so etwas machen Tattoo-Künstler und Piercer. Das zeigt, dass es noch eine Randgruppenbewegung ist. Nur ein paar Tausend Menschen haben so einen Chip.

Wie lief die Operation ab?

Bock: Das war schon spektakulär. Wir haben das bei einer Pressekonferenz der Internationalen Funkmesse in Berlin im vergangenen September gemacht. Überall Kameras, 90 Leute haben zugeschaut. Der Piercer hat meine Haut zwischen Zeigefinger und Daumen der linken Hand hochgezogen und ein paar Mal kräftig gedrückt, um sie auf den Schmerz vorzubereiten. Dann hat er das Implantat durchgestochen. Dazu hat er eine Art große Spritze benutzt. Diese Kanüle verwenden auch Ärzte, um Katzen zu chippen.

Tat das weh?

Bock: Es war nur ein kurzer Stich. Ich spüre den Chip auch gar nicht, er ist nur so groß wie ein Reiskorn. Aber auf Partys ist das natürlich ein Hingucker. Ich kann den Chip nach oben schieben, das finden dann immer alle unglaublich eklig. Und manchmal sitze ich in Meetings und streiche gedankenverloren über das Implantat.

Andere drehen Däumchen, Sie streicheln Ihren Chip.

Bock(lacht): Ja, so ungefähr.

Sie sagen, dass sich die Menschen ekeln. Können Sie das nachvollziehen?

Bock: Diese Angst, dass der Körper mit der Technologie verschmilzt, ist verständlich. Aber aus eigener Erfahrung: Sie ist nicht angemessen. Und die Technologie bietet sehr viele Möglichkeiten.

Welche denn?

Bock: Noch steckt die Technik in den Kinderschuhen. Auf meinem Chip sind nur wenige Daten wie meine Adresse und mein Name gespeichert. Ich kann beispielsweise mein Handy damit entsperren. Aber denkbar ist vieles: Man könnte seinen Ausweis immer unter der Haut tragen. Damit könnte man sich etwa am Flughafenschalter identifizieren oder im Supermarkt bezahlen.

Der Nürnberger mit dem Chip unter der Haut

© Foto: privat

Und wenn es Hackern gelingt, die Daten zu klauen, haben sie gleich den gesamten Menschen gestohlen?

Bock: Theoretisch ist das möglich, aber davon sind wir weit entfernt. Denn im Moment ist der Speicher viel zu klein, um sensible Daten zu speichern. Und gerade bei sensiblen Daten sollte es immer mehrere Identifikationsstufen geben. Also muss am Flughafen der Beamte prüfen, ob das gespeicherte Foto mit dem Passagier übereinstimmt, der vor ihm steht. Oder beim Geldabheben bei der Bank: Sie brauchen eine PIN, eine EC-Karte und drittens halten Sie noch Ihren Chip hin.

Warum sollen wir uns für etwas mehr Sicherheit unters Messer legen?

Bock: Schon heute tragen wir Technologie im Körper, denken Sie an Herzschrittmacher.

Aber aus medizinischen Gründen.

Bock: Trotzdem denke ich, dass sich die Implantate in zehn bis 20 Jahren durchsetzen. Es ist der nächste logische Entwicklungsschritt. Wir lassen Technologie immer näher an uns heran, erst klobige Computer, dann handliche Laptops, später kleine Smartphones und nun den neuesten Trend: „Wearables“. Das sind tragbare Geräte wie Fitness-Armbänder, die wir immer dabei haben.

Beunruhigt Sie diese Entwicklung nicht?

Bock: Nein. Ich glaube nicht, dass sich der Fortschritt aufhalten lässt. Deswegen will ich daran mitwirken, dass diese Technologie in Zukunft sicher ist.

 

 

 

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