Die Krankensalbung ist zu Corona-Zeiten gefragt

23.4.2021, 17:12 Uhr
Eduard Kuharek (links), der Mesner der Allerheiligen-Pfarrei in Nürnberg-Schoppershof, holt bei Michael Albert, dem Mesner der Frauenkirche, die drei sogenannten heiligen Öle ab. Einmal im Jahr kommt aus dem Bamberger Dom frisch geweihter Nachschub.

© Michael Matejka Eduard Kuharek (links), der Mesner der Allerheiligen-Pfarrei in Nürnberg-Schoppershof, holt bei Michael Albert, dem Mesner der Frauenkirche, die drei sogenannten heiligen Öle ab. Einmal im Jahr kommt aus dem Bamberger Dom frisch geweihter Nachschub.

Bei Michael Albert sieht es heute aus wie in einem Krämerladen. Alle paar Minuten tritt Kundschaft an seinen Tresen in der Sakristei der Frauenkirche, holt leere Döschen und Fläschchen aus Einkaufskörben, Köfferchen und Umhängetaschen. Albert schenkt ihnen vorsichtig aus drei silbernen Kannen ein. Tücher fangen Fettflecken auf. Ein Pack Kosmetikwatte liegt griffbereit. Es duftet ein bisschen nach Apotheke, auch durch die Masken hindurch.

Vom Bischof geweiht

Einmal im Jahr vollzieht sich in dem kleinen Raum eine uralte Tradition der katholischen Kirche. Die neuen heiligen Öle sind gekommen. Jedes Bistum stellt sie kurz vor Ostern selbst her. Der Bischof weiht sie in großen Behältern in der Chrisam-Messe in der Karwoche. Danach holt sich jedes Dekanat seine Ration am Bischofssitz ab. Mesner wie Michael Albert übernehmen das und geben dann kleine Portionen zum festen Termin aus, in seinem Fall für alle Nürnberger Gemeinden des Erzbistums Bamberg. Manche schicken Ehrenamtliche zu ihm, manchmal kommen die Pfarrer selbst. Die wenigen Gemeinden im Stadtsüden, die zum Bistum Eichstätt gehören, holen sich ihren Nachschub in St. Wunibald in der Falkenheim-Siedlung.

In silbernen Gefäßen bewahrt Mesner Michael Albert die Salböle in der Sakristei auf.

In silbernen Gefäßen bewahrt Mesner Michael Albert die Salböle in der Sakristei auf. © Michael Matejka

"Das Chrisamöl ist am wertvollsten", sagt Albert. "Es riecht auch am besten." Der Bamberger Dom versetzt dafür Olivenöl mit etwas Rosenöl. Chrisamöl wird bei Taufe und Firmung auf die Stirn gerieben; bei der Priesterweihe werden dem Priester die Hände damit gesalbt. Die anderen beiden Öle sind das Krankenöl für das Sakrament der Krankensalbung (oft mit Zimtöl aromatisiert) und – sehr selten gefragt – das Katechumenenöl für Taufbewerber jenseits des Kleinkindalters (in Bamberg mit Melisse, in Eichstätt mit Zitrone versetzt).


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Als Ritual spreche die Salbung auch Menschen noch an, die sich immer weniger mit christlichem Brauchtum auskennen, stellt Rudolf Batzdorf, katholischer Dekan für Nürnberg-Süd, fest. "Geist und Materie, Wort und Handlung gehören im Katholizismus zusammen." Bei der Krankensalbung etwa seien viele Leute "angetan von der Wirkung der Berührung". Im Volksmund "letzte Ölung" genannt, soll die Krankensalbung bei Krankheit und im Alter, aber auch beispielsweise vor einer Operation, stärken und schützen – deswegen muss nicht das Lebensende bevorstehen.

Nur noch mit Handschuhen

Batzdorf bedauert die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, gerade in der Krankenhausseelsorge: Der Hygiene halber sollen Priester und Diakone Salböle nur noch mit Handschuhen und Wattebausch anwenden. "So sind die Sakramente natürlich nicht gemeint gewesen."


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Die Krankensalbung werde trotzdem immer noch relativ häufig verlangt, sagt auch Christian Körber, Pfarrvikar in St. Martin in der Nordstadt, während er seine drei Fläschchen in der Frauenkirche auffüllen lässt. "Es ist ein intensives Ereignis. Etwas Ganzheitliches, Sinnliches." Für ein Jahr hat er nun wieder Vorrat. Und was übrig bleibt, wird im kommenden Frühjahr – auch das ist ein symbolischer Akt – im Osterfeuer verbrannt.

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