„Die Stars vergessen zu posen”

12.5.2015, 19:29 Uhr
„Die Stars vergessen zu posen”

© Foto: Matejka

Herr Langer, es gibt Tausende Fotos von Peter Fonda oder Anke Engelke. Trotzdem schaut man gebannt auf diese Unikate mit der Schlafbrille. Warum wirken die Stars auf Ihren Bildern so anders?

Freddy Langer: Sie müssen nicht ihr routiniertes Lächeln aufsetzen. Durch den Schutz der Maske vergessen sie zu posen. Manchmal hab ich auch Minuten lang gewartet, bis sie entspannt oder ernst waren.

 

Jahrzehntelang haben Sie mit einer simplen Polaroid-Sofortkamera immer nur exakt zwei Aufnahmen gemacht, trotzdem wirkt alles wie lange vorbereitet oder oft geprobt.

Langer: Nein, bei vielen Stars blieben mir nur wenige Minuten. Oft kam ich spontan zum Bild, am Ende einer langen Party oder schon in den Morgenstunden.

Gilbert und George, Hannelore Elsner, Bono, Corinna Harfouch: Alle haben bereitwillig mitgemacht, obwohl Sie kein Paparazzo sind?

Langer: Wahrscheinlich gerade deshalb. Die meisten Stars waren sehr offen. Sie fanden das wohl auch eine originelle Idee, zumal als ich noch jünger war. Jetzt fragen Sie öfters genauer, welchen Zweck das verfolgt. Und manche US-Schauspieler dürfen wohl nicht eigenständig entscheiden. Udo Kier ließ seine Agentin das Okay geben. Jodie Foster fand meine Idee sehr interessant, aber nicht für sie. Brad Pitt sagte: „Ja, aber ein andermal, wir begegnen uns bestimmt wieder.“ Auch eine charmante Art, abzusagen.

Aber die meisten waren offensichtlich gern dabei, haben sich mitunter selbst inszeniert: Joseph Beuys legt streng die Zeigefinger an die Maske, Tomi Ungerer schnappt nach Luft wie ein auftauchender Schwimmer, Geraldine Chaplin verdeckt den Mund statt der Augen.

Langer: Die Begegnungen waren oft sehr lustig. Claudia Cardinale konnte ich bei einer Riesenparty zum Mitmachen gewinnen. Sie stieg auf einen Stuhl, inszenierte sich selbst mit Brille und rief alle Fotografen im Saal auf, dabei zu sein. John Malkovich habe ich in Deutschland abgepasst, als er gerade im Flugzeug von meiner Aktion gelesen hatte. Bei „so etwas Verrücktem“ wollte er sofort dabei sein. Zu Andy Warhol bin ich einfach ohne Anmeldung in sein New Yorker Atelier gegangen. Während sein Assistent mich an der Tür abwimmeln wollte, stand er verborgen dahinter, hörte sich still amüsiert mein intensives Bemühen um Einlass an und bat mich dann herein. Er war angetan davon, dass ich auch seinen Freund Joseph Beuys abgelichtet hatte.

Wie entstand die Idee mit der Schlafbrille überhaupt?

Langer: Ich wollte mich ursprünglich auf die Spuren des großen Fotografen August Sander begeben. Der hat in der Weimarer Zeit 620 Menschen verschiedener Berufe fotografiert. Auf die Schlafbrille war ich zufällig gestoßen, weil ein Freund sie bei einem Besuch dabei hatte und wir uns aus Spaß damit fotografierten. Aber der Bäcker um die Ecke mit der Brille, das war irgendwie langweilig. Als ich jedoch aus der Bäckerei ging, sprang mich ein großes Foto von Madonna an. Da war die Idee geboren: Bekannte Stars müssen diese Brille tragen. Denn sie werden dadurch fremd, aber bleiben erkennbar.

Und wo ist Madonna in Ihrer Sammlung?

Langer: Das hat noch nicht geklappt. Auch David Bowie und die Stones hätte ich gern abgelichtet. Aber vielleicht schaffe ich noch eine komplette Sammlung aller Tatort-Kommissare. Damit hätte man ja mittlerweile fast alle bekannten deutschen Schauspieler beisammen.

Polaroid ist out, jetzt arbeiten Sie mit einer Linux-Kleinbildkamera. Was ändert sich?

Langer: Naja, ich kann etwas mehr spielen, mehr Aufnahmen machen, mehr inszenieren. Aber die Idee bleibt, den Augenblick festzuhalten. Und zu erkennen, ob jemand eher frech und fordernd wirkt oder still und scheu.

Bis 30. Mai in der Galerie Atzenhofer, Maxplatz 46 a, Do-So 13-18 Uhr. Am Samstag, 30. Mai, 16.30 Uhr, liest Pius Maria Cüppers Texte zum Thema „Blind Date“.

 

 

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