Digitaler Neustart im "Roxy Renaissance Cinema"

12.3.2013, 06:00 Uhr
Digitaler Neustart im

© Gnad

"Schon ein Wahnsinn.“ Hermann Kiesel nickt anerkennend. Seit 1964 führt der Kinoveteran mit seiner Frau Uta das „Roxy“-Fremdsprachenkino in der Südstadt. Nun reicht er den Schlüssel weiter — nicht, wie geplant, an seine Kinder, von denen keines das Haus weiterführen wollte, sondern an Diana Yvonne Allison, eine Deutsch-Amerikanerin aus Fürth.

Dass das kleine Vorstadtkino, das Kiesels Vater nach dem Zweiten Weltkrieg selbst gebaut und 1950 eröffnet hat, auf seine alten Tage noch einmal zu den modernsten Lichtspielhäusern in der Stadt gehören würde — noch vor einem halben Jahr hätte der 72-Jährige selbst nicht daran geglaubt. Doch jetzt hat tatsächlich die Digitaltechnik Einzug in der Julius-Loßmann-Straße 116 gehalten: In den beiden Kinosälen (einmal 150 und einmal 50 Sitzplätze) arbeiten künftig zwei Sony-4K-Projektoren. „Diese Technik hat außer dem Cinecittà und uns noch niemand in der Stadt...“

In diesem Moment schlängelt sich Diana Yvonne Allison an den Handwerkern vorbei, die gerade noch dabei sind, dem Foyer einen frischen Pinselstrich zu verpassen: die neue Kinochefin des „Roxy“, das jetzt „Roxy Renaissance Cinema“ heißt.



Allison lebt seit 13 Jahren in Deutschland. Schon im letzten Jahr kam sie auf die Kiesels zu mit dem Wunsch, das alteingesessene Haus zu übernehmen. Doch das Ehepaar wollte erst noch mit dem Supermarkt verhandeln, der seit den 70er Jahren im Vorderhaus residiert und der das Kino nur zu gerne geschluckt hätte, um seine Verkaufsfläche zu erweitern. Dass das Lichtspiel diesmal noch den Sieg über die Lebensmittel davongetragen hat, freut nicht nur Hermann Kiesel: „Man hängt natürlich an seinem Kino. Ich meine, wir machen das jetzt seit 66 Jahren — wer kann da im Großraum noch mithalten?“

Doch auch die neue Chefin hat eine enge persönliche Bindung an das Haus. „Als ich nach Nürnberg kam, war ich mit meinem Mann ständig hier“, erinnert sich die lebendige Fürtherin. „Das war hier unser Wohnzimmer. Wir haben nicht mal geguckt, was läuft – Hauptsache Kino, Hauptsache Roxy!“ Genau aus diesem Grund wird sich in der Südstadt so viel gar nicht ändern: Das Roxy bleibt ein Fremdsprachenkino, in dem aktuelle Filme mit der englischen Original-Tonspur (OV) gezeigt werden. Außer in Nürnberg weiß Hermann Kiesel in Deutschland nur noch von vier reinen Fremdsprachenkinos: Eines in Berlin, eines in Stuttgart und eines in Hamburg, das 2013 jedoch schließen muss.

Auch deutsche Filme

Doch auch Mrs. Allison hat vor, ihr Programmangebot dezent um Klassiker und Kinderfilme zu erweitern — und sich als Stadtteilkino mit ausgewählten Produktionen in deutscher Sprache auch den Familien aus dem Viertel zu öffnen.

Das neue Foyer wird luftiger sein, das Kassenhäuschen einem offenen Tresen Platz machen. Ansonsten soll sich nichts ändern — warum auch?

Der Charme des kleinen Lichtspieltheaters ist und bleibt einzigartig — nachzuprüfen am Samstag (englischer Eröffnungstag, 14 bis 22 Uhr) und am Sonntag (deutscher Eröffnungstag, 12 bis 16 Uhr).

Ach so: Während sich die dritte Generation der Kinodynastie Kiesel nicht nachhaltig für das Lichtspielgewerbe begeistern ließ, ist derzeit zumindest die vierte Generation am Start: Utas und Hermanns Enkel Max hat die neue Technik in Uropas Kino eingerichtet.

www.roxy-renaissance-cinema.de

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