Ein Armutszeugnis in Sachen Sonnenschein

25.1.2010, 00:00 Uhr
Ein Armutszeugnis in Sachen Sonnenschein

© Colourbox.com, Symbolbild

Gerade mal ein Prozent der Sonnenstrahlen, die im langjährigen Durchschnitt sonst die Stadt erhellen, ist in diesem Monat durch die Wolkendecke gedrungen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr, so Stefanie Mihm vom Wetterdienst «q.met», waren es im Januar 200 Prozent. Sie hat ausgerechnet: «Nur knapp eine halbe Stunde schien die Sonne bisher.»

Stimmungsschwankungen bis zur Depression

Der Süden des Freistaats mit seinen Alpen ist da wieder einmal bevorzugt, auch wenn es sich in dieser Frage um eine natürliche und keine politische Erscheinung handelt. In den Alpen, so Mihm, ist der Durchschnittswert bereits zu 71 Prozent erreicht.

Dieses allgemeine Schattendasein in Nürnberg und Umgebung ist nicht nur ungewöhnlich, es kann auch die Gesundheit beeinträchtigen. «Fehlendes Tageslicht löst bei manchen Menschen Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression aus», sagt Günter Niklewski, Chefarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Ernsthafte Sorgen muss man sich nach Ansicht des Experten aber erst machen, wenn Freud-, Schlaf-, Antriebs- oder Appetitlosigkeit mangels lachender Sonne länger als zwei oder drei Wochen anhalten. Medizinischen Beistand brauchten Passanten gestern in der wettermäßig grauen Innenstadt noch nicht, aber die sonnenlose Zeit nervt viele enorm. Die Lokalredaktion hörte sich um.

Gisela Allwermann: «Meine Nachbarin hat sich richtig eingeigelt in ihrer Wohnung. Sie will bei diesem trüben Wetter gar nicht ins Freie. Mir und meinem Mann bleibt nichts anderes übrig, wir müssen ja in die Arbeit. Was kann man schon groß machen, um sich anderweitig etwas aufzuheitern? Man kann ja nicht tafelweise Schokolade in sich hineinstopfen, um sich was Gutes zu tun.»

Klaus Zimmermann: «Ich bin heute aus Sachsen nach Nürnberg gekommen. Bei uns war es noch ganz gut mit der Sonne, aber hier ist es ja praktisch zappenduster. Ich bin zwar nur für ein paar Stunden hier, aber zum Bummeln in der Innenstadt wären ein paar Sonnenstrahlen schon angenehm. Da ist man doch positiver gestimmt.»

Caroline Högl: «Wenn die Sonne mal irgendwann wieder scheint, merke ich vermutlich erst, was ich vermisst habe. Derzeit habe ich mit Abiturvorbereitungen viel zu tun. Insofern ist das derzeitige Wetter vielleicht ganz hilfreich, weil der Drang, raus zu gehen, nicht groß ist.»

Ihre Mutter Renate Högl: «Dass die Sonne so lange nicht mehr schien, ist schrecklich. Ich brauche Licht zum Wohlbefinden. Ohne das, denke ich auch, ich sehe schlechter aus. Deswegen bin ich sogar ins Solarium, aber viel geholfen hat es mir nicht. Um mich wenigstens etwas zu trösten, schaue ich mir im Fernsehen Berichte über Fernreisen an. Auch in meinem Italienisch-Kurs geht es mir besser. Da kann ich wenigstens gut an Sonne denken.»