Einbruch in Edelboutique: Inhaberin ringt um Entschädigung

26.4.2018, 05:43 Uhr
Vor mehr als drei Jahren räumten Einbrecher die Edelboutique "Gordoni Uomo" am Hauptmarkt komplett aus.

© Stefan Hippel Vor mehr als drei Jahren räumten Einbrecher die Edelboutique "Gordoni Uomo" am Hauptmarkt komplett aus.

Die Spuren am Tatort sind längst beseitigt, nichts erinnert mehr an den Einbruch in der Edelboutique "Gordoni Uomo" am Hauptmarkt 4 vor fast genau drei Jahren. Es gibt aber nicht nur sichtbare Spuren. Schließlich hat der Fall ein langes, unangenehmes Nachspiel, das wohl auch in Zukunft nicht so schnell zu Ende sein wird. Denn die Versicherung sträubte sich zu zahlen.

Erst vor Gericht bietet sie einen Vergleich an, der laut Geschäftsinhaberin aber weit unter dem entstandenen Sachschaden liegt. Der beträgt: 287.000 Euro. Was ist passiert? Irgendwann am Wochenende zwischen dem Ladenschluss am Samstag, 11. April, und Geschäftsbeginn am Montag, 13, April, schlugen die Täter zu. Mit einem Lieferwagen fuhren sie wahrscheinlich nachts vor, brachen die Eingangstüre auf und räumten den Designerladen aus. Darunter 90 Paar Schuhe, Krawatten im Wert von je rund 190 Euro, Jacken, Hosen und Hemden.

Die Unbekannten erbeuteten Klamotten von Designermarken wie Bogner, van Laack oder Paul & Shark. 

Täter kannten sich aus

Die Täter mussten das Geschäft und seine Umgebung vorher schon inspiziert haben, sie kannten sich aus. Denn die Eingangstüre aus Glas des Ladens gegenüber klebten sie mit Papierbahnen ab. Dahinter ist nämlich eine Videokamera direkt auf die Türe der Edelboutique gerichtet. Als Inhaberin Theresa Raum (Name geändert) am Montag nach dem Einbruch ihren Laden aufsperren wollte, stand die Tür schon einen Spalt weit offen — die Regale und das Lager waren leer. Sie alarmierte die Polizei, Kripo und Spurensicherung kamen.

Drei Monate lang blieb das Geschäft geschlossen, ehe die Inhaberin mit einem Kredit wieder Ware einkaufen und die Regale befüllen konnte. "Meine Versicherung hat bis heute keinen müden Cent an mich gezahlt. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich einen Kredit aufnehmen. Seit 47 Jahren gibt es mein Geschäft, ich will es weiterführen", sagt Raum. Warum die  R & V-Versicherung bis heute den Schaden nicht deckt? Am Montag nach dem Einbruch reparierte ein Handwerker die Eingangstüre und wechselte die Schlösser aus.

Am Freitag darauf, 17. April, kam ein Gutachter der Versicherung. "Der stellte dann keine Einbruchspuren fest. Ja, sicher, weil die Tür am Montag bereits repariert wurde. Oder hätte ich die Türe tagelang offen stehen lassen sollen?", fragt sie verbittert. Die Versicherung zweifelte dennoch am Hergang der Tat und teilte Raum unverblümt mit, dass ihre Beteiligung am Einbruch nicht auszuschließen sei. „Die wirtschaftliche Lage des Geschäfts lässt alle möglichen Rückschlüsse zu, wurde mir mitgeteilt“, so die Inhaberin. Die Geschäftsfrau ging juristisch gegen die R & V-Versicherung vor. "Die haben mir bei einem Vergleich 55.000 Euro geboten — das ist lächerlich."

Der Einbruch im "Gordoni Uomo"erinnert an einen anderen Fall, der nicht weit weg von der Edelboutique passiert ist. Am 15. Juli 2004 betraten zwei Männer das Geschäft des Goldschmieds Udo Makosch in der Nürnberger Spitalgasse. Die Täter raubten hochwertige Uhren, Ohrringe, Ringe, Ketten und Colliers im Gesamtwert von rund 400.000 Euro. Der Geschäftsmann wurde mit einer Waffe bedroht, die Täter schleiften ihn in die Toilette und schnürten seine Beine am Siphon des Waschbeckens fest. Eine lebensbedrohliche Situation, die man nicht vergisst. Doch womit sich der Juwelier dann herumschlagen musste, war seine Versicherung. "Ich habe den Überfall leichter verkraftet als das Gebaren der Versicherung", sagte der 77-Jährige gegenüber unserer Zeitung. Und auch hier: Nach dem Überfall versuchte die Mannheimer Versicherung, ihn als Kriminellen hinzustellen.

Unerhörter Vorwurf

Die Versicherung, bei der er seit Geschäftsgründung im Jahre 1974 Kunde war. Ähnlich wie im Fall von Theresa Raum, musste er sich den unerhörten Vorwurf gefallen lassen, dass sich "der Schaden wohl mit seinem Wissen und Wollen" ereignet habe. Der Rechtsstreit endete 2010 mit einem Vergleich: Makosch erhielt 300.000 Euro von der Versicherung. Das, was er durchgemacht hatte, brachte der Juwelier dann auch auf eine größere Bühne. In der Fernsehsendung "Menschen bei Maischberger" erzählte er, wie er von seiner Versicherung behandelt wurde. Erst im vergangenen Jahr schnappte die Falle bei einem der Täter zu, als dieser von Serbien nach Ungarn und damit in die EU einreiste.

Gegen den 45-Jährigen lag ein internationaler Haftbefehl vor. Heute sitzt er hinter Gittern. Theresa Raum von "Gordoni Uomo" wundert sich, dass ihre Versicherung sich offenbar mit der Kripo Nürnberg bisher nicht in Verbindung gesetzt hat. "Die Polizei hat aber die Einbruchsspuren festgestellt." Allerdings steckt dahinter auch wieder eine gewisse Logik. Wenn die R & V die Geschäftsinhaberin verdächtigt, Teil eines Komplotts zu sein, spielt die Spurenlage am Tatort keine Rolle mehr. Die Pressestelle der R & V-Versicherung mit Sitz in Wiesbaden will sich zum konkreten Fall nicht äußern. "Wir bitten aufgrund des noch laufenden Gerichtsverfahrens um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt zurückhaltend sind", heißt es im Antwortschreiben. 

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