Nach mehr als 40 Jahren

Eine der ersten Frauen im bayerischen Polizeidienst geht in den Ruhestand

26.10.2021, 09:50 Uhr
Sie ist eine der ersten Frauen im bayerischen Polizeidienst: Elke Schönwald, Leiterin der Polizeipressestelle Mittelfranken, geht in den Ruhestand.

© Günter Distler, NNZ Sie ist eine der ersten Frauen im bayerischen Polizeidienst: Elke Schönwald, Leiterin der Polizeipressestelle Mittelfranken, geht in den Ruhestand.

Frau Schönwald, Sie haben zuletzt als Leiterin der Polizeipressestelle das Polizeipräsidium Mittelfranken in der Öffentlichkeit vertreten. Jetzt gehen Sie in den Ruhestand. Wie fühlt sich das an?

Elke Schönwald: Der Abschied ist schon sehr emotional. Ich kann auf über 40 Jahre Polizeidienst zurückblicken und habe viel erlebt, viel Gutes, aber auch viel Schlimmes. Aber ich gehe als glücklicher, zufriedener Mensch in die Pension und blicke mit großer Freude und Neugier auf die kommenden Jahre.

Gehen wir mal an den Anfang zurück. 1981 fingen Sie bei der Polizei an - als eine der ersten Frauen bei der bayerischen Polizei überhaupt…

Schönwald: Am 02. Januar 1981 wurden bayernweit erstmals im größeren Stil 75 Frauen bei der weiblichen Kriminalpolizei (WKP) eingestellt. Neun starteten im Polizeipräsidium Mittelfranken, eine davon war ich. Vorher hatte ich eine Ausbildung als staatlich anerkannte Erzieherin abgeschlossen, denn Frauen mussten damals bei der Einstellung 21 Jahre alt sein, und die Vorbehalte gegenüber Frauen bei der Polizei waren enorm. Die Ausbildung dauerte zwei Jahre. Erst ab 1990 war es Frauen möglich, die herkömmliche Polizeiausbildung bei der Bereitschaftspolizei zu durchlaufen. Damit wurde auch die Direkteinstellung bei der Kriminalpolizei (WKP) abgeschafft.

Welche Vorbehalte meinen Sie?

Es gab große Vorbehalte ob der Leistungsfähigkeit von Frauen im Polizeialltag. Es gab bis dato nur sehr wenige Kolleginnen, die nur in ganz speziellen Bereichen arbeiteten. Es gab Kommissariats-Leiter, die Frauen in ihrem Team gänzlich ablehnten. Viele männliche Kollegen waren skeptisch, einige fragten sich, ob sie im Ernstfall ausreichend gesichert werden können. Die größten Vorbehalte hatten die Kollegen, die noch nie mit einer Frau zusammengearbeitet hatten. Das hat sich im Laufe der Jahre aber glücklicherweise geändert und die Frauen konnten durch ihre Leistung überzeugen. Heute sind Frauen nicht mehr aus dem Polizeidienst wegzudenken, sondern eine große Bereicherung.

Welche Stationen durchliefen Sie vor der Polizeipressestelle?

Schönwald: Angefangen habe ich im Kommissariat für Eigentumsdelikte (Einbruch). 1985 kam ich zum Kriminaldauerdienst. Auch beim KDD war ich mit eine der ersten Frauen. Zunächst gab es pro Schicht eine Frau, später zwei. Vorher wurden, gerade in der Nacht, Kolleginnen zuhause mit dem Streifenwagen abgeholt, wenn beispielsweise eine Frau durchsucht werden musste. Durchsuchungen dürfen nur von gleichgeschlechtlichen Personen durchgeführt werden. Manchmal auch, wenn eine kritische Opfervernehmung anstand.

Sie sagten vorhin, dass Sie Gutes, aber auch weniger Gutes erlebt haben. Welches war im Polizeidienst ein einschneidendes Erlebnis für Sie?

Schönwald: Da gab es viele. Eines am Anfang meiner Laufbahn. Ich war noch beim KDD und am 21. Januar 1987 nachts mit einer Kollegin auf Streife. Da kam ein Funkspruch. Möglicherweise sei in der Schlüsselfelderstraße ein Fernseher implodiert, hieß es. Wir übernahmen und fuhren hin, weil wir in der Nähe waren. Wir waren die ersten Beamten vor Ort und dachten zuerst, in der Straße ist eine Baustelle, weil dort ein riesiger Schuttberg zu sehen war. Schnell war klar: Das war kein Fernseher! Wir riefen Verstärkung. Von einem Mehrfamilienhaus stand nur noch ein Teil, oben wehte noch Wäsche auf einer Leine im Wind. Eine Gasexplosion hatte zum Einsturz des Hauses geführt. Fünf Menschen wurden verletzt, fünf weitere kamen ums Leben. Später stellte sich heraus: Ein Bewohner hatte eine Gasleitung manipuliert. Der Mann wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Und welche positiven Erlebnisse sind Ihnen in Erinnerung?

Schönwald: Erfreulich war immer, wenn man Menschen wirklich helfen konnte. Dazu gehört auch, Menschen, die etwas angestellt hatten, durch entsprechende Maßnahmen und Hilfestellung von weiteren Straftaten abzuhalten.

Haben Sie da ein konkretes Beispiel?

Schönwald: Es war 1984. Da war ein junger Mann, der immer wieder ohne Fahrschein unterwegs war. Ich hatte die Sachbearbeitung, es ging um Leistungserschleichung. Als die Maßnahme beendet war, fragte ich ihn, ob er genügend Geld für einen Fahrschein hat. Das war nicht der Fall. Ich gab ihm fünf Mark und sagte, dass er zwei Wochen Zeit habe, mir das Geld wieder zurückzubringen. Nach zwei Wochen kam er tatsächlich und beglich seine Schulden. Ein Erlebnis, das mir half, das Gute im Menschen nicht aus den Augen zu verlieren. Das ist eines der größten Kunststücke in unserem Beruf.