Eine Schwäche, die erst stark macht

17.10.2008, 00:00 Uhr
Eine Schwäche, die erst stark macht

© Icks

Die Misere begann, als es versäumt wurde, für drei starke Neuzugänge die Lizenzen rechtzeitig zu beantragen. Das löste einige Turbulenzen aus innerhalb des Vereins, dessen Aushängeschild die Ringerabteilung nun mal war und ist, und an deren Ende standen die Rücktritte des Abteilungsleiters Udo Schmitt und des sportlichen Leiters Miroslav Vanek.

Doch das Dilemma, in dem die Johanniser stecken, existiert schon länger: Kann es sich der Verein leisten, eine Ringerstaffel in der ersten Bundesliga zu halten? Ist es sinnvoll, den Aufstieg beziehungsweise den Klassenerhalt im Oberhaus anzustreben, wenn die Kosten dafür für einen kleinen (Breitensport-) Verein wie Johannis kaum zu schultern sind? So fragten und fragen nicht wenige im Verein. Andererseits: Die jungen Talente aus der eigenen Nachwuchsschmiede, die die Medaillen bei den deutschen Jugend- und Juniorenmeisterschaften nur so abgesahnt haben, fragen nicht danach, sie gehen immer auf die Matte, um zu gewinnen. Nicht selten war es in der Vergangenheit so, dass andere Klubs absichtlich eine schwächere Staffel ins Rennen schickten, weil sie den Aufstieg in die teure und (zu) starke erste Liga scheuten.

Johannis dagegen ist immer nur den sportlichen Weg gegangen. Auch wenn - intern - schon des Öfteren solche oder ähnliche Grundsatzdiskussionen geführt wurden. «Unsere Sponsoren wollen nun mal, dass wir in der ersten Liga ringen», sagt der neue Abteilungsleiter Guido Fischer. Aber schon in der vergangenen Saison haben die Johanniser in der Bundesliga nur einen einzigen Kampf gewonnen.

Fischer, der bislang für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig war, verrät: «Jetzt haben wir viele Sponsoren verloren.» Aber er ist «sehr froh» darüber, dass zumindest der Förderverein weitermacht. Denn die Kosten in der Bundesliga sind enorm, der Zuschauerschnitt um mehr als die Hälfte zurückgegangen. «Die finanzielle Situation ist schlimmer, als anfangs angenommen», gibt der 48-jährige Geschäftsführer in der IT-Branche zu.

Es wird nicht leicht werden, das Schiff wieder flottzubekommen, zumal bekanntermaßen auch die vereinseigene Halle am Zeisigweg viel Geld «frisst». «Um Fehler wie in der Vergangenheit zu vermeiden», so Fischer, wurde eine Geschäftsstelle unter der Leitung von Yvonne Schmidt besetzt - die 32-Jährige ist übrigens mit Trainer Graupeter liiert. Zum Leiter der Finanzen wurde Herbert Feuchtinger (43) berufen. «Er soll die Schnittstelle Förderverein - Abteilung näher zusammenbringen», erläutert der Abteilungsleiter.

Im sportlichen Bereich hat jetzt Fred Pscherer (49) das Sagen. «Mr. Johannis», wie Fischer ihn nennt, war bei der SV 07 schon in fast allen Ämtern tätig; Fischer und Pscherer kennen sich bereits seit gemeinsamen Jugendtagen beim SC 04. Und ganz gewiss positiv zu bewerten ist auch, dass der im Sommer vergangenen Jahres zurückgetretene Griechisch-römisch-Coach Trainer Bernhard Rieger wieder mit ins (Trainer-) Boot genommen werden soll.

Helfen soll zudem der neu gegründete Beirat, dem unter anderem der frühere langjährige Abteilungsleiter Uwe Müller und Jürgen Rebel angehören, um auch bisherige Erfahrungen zu nutzen. Der langjährige Trainer Rebel, so anerkannt und beliebt wie kein Zweiter am Zeisigweg, war schon immer ein Verfechter des Machbaren, sprich: für die zweite Liga.

Altmeister feiern ihr Comeback

Dort, im Unterhaus, muss Johannis im nächsten Jahr eine konkurrenzfähige Staffel stellen. Doch zunächst einmal gilt es, diese Saison zu überstehen. Wobei Fischer den «Super-Zusammenhalt» unter den Ringern lobt, «so etwas schweißt zusammen». Wer sich nicht schon alles zur Verfügung gestellt hat, um in der «Ersten» auszuhelfen, auch wenn sie gegen die Ex-Europameister oder Olympiateilnehmer auf der anderen Seite chancenlos sind: Ralf Choroba, Alexander Buchart-Holländer (beide schon ein- oder mehrmals verabschiedet!), Raymond Schmidt, Florian Böhm, Raul Seoane-Ruiz, Bastian Wohlfahrt, Christian Fochtler oder wie sie alle heißen.

«Für uns ist die Saison jetzt sogar noch teurer geworden, weil eine nachgereichte Lizenz 140 bis 150 Euro kostet», weist Fischer auf eine weitere negative Folgeerscheinung der «Passpanne» hin. Zusätzlich schmerzen die Anwaltskosten, die die Johanniser aufbringen mussten, als sie gegen das Urteil des Deutschen Ringer-Bundes kämpften.

Trotz allem ist der Kampfgeist der Ringer ungebrochen. Trainer Graupeter, auch Übungsleiter an der Bertolt-Brecht-Schule, tut alles für seine Aktiven - und er hat seinen Optimismus noch nicht verloren. Zunächst müssen noch drei Auswärtskämpfe am Stück, in Freiburg, Dewangen und Hallbergmoos, überstanden werden. Doch den 8. November hat Graupeter nicht grau, sondern rot in seinem Kalender angestrichen: «Gegen Nendingen wollen wir gewinnen. Da werden wir unsere stärkste Mannschaft aufstellen, da werden manche staunen», verspricht er. Den Vorkampf beim derzeitigen Vorletzten (2:10 Punkte) haben die Johanniser übrigens mit 4:33 verloren - ganz schön mutig der Knabe!

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