Eine virtuelle Gruppe trifft sich persönlich

15.2.2007, 00:00 Uhr
Eine virtuelle Gruppe trifft sich persönlich

© Eduard Weigert

Matthias Geister schwelgt in Erinnerungen: Er schmunzelt, als er von seinem Spanisch-Kurs in Guadeloupe erzählt und von seinem Trip mit einem Wohnwagen durch Lettland. Seine Verlobte Ingrid Keller steht daneben und nickt begeistert. Matthias Geister und Ingrid Keller haben ihre Gesprächspartner erst vor einer halben Stunde kennen gelernt. Dennoch erzählen sie freimütig von sich und unterhalten sich angeregt. Die beiden nehmen an einem Treffen von NürnbergBC teil.

NürnbergBC ist eine virtuelle Vereinigung von Menschen aus der Region. Sie alle sind Mitglied beim Internetanbieter-Xing (ursprünglich hieß das Portal OpenBC). Ziel ist es, ein umfassendes Netzwerk aufzubauen und möglichst unterschiedliche Menschen kennen zu lernen. Wer weiß, wann man die braucht - viele Kontakte zu haben, kann nie schaden. So zumindest lautet das Prinzip von Xing.

Prinzip funktioniert

NürnbergBC versucht, diese Internet-Kontakte ins reale Leben zu bringen. Sie sollen mehr sein, «als nur eine Online-Adressliste auf dem Bildschirm», erklärt Jürgen Lehner, der Moderator der Gruppe. Seit 2004 treffen sich Interessierte einmal im Monat, tauschen sich aus. «Im ungezwungenen und lockeren Gespräch wird vielen erst bewusst, dass das Gegenüber genau das bietet, was ein anderer Kontakt sucht - und umgekehrt», sagt Lehner. Ganz nach dem Motto «Persönliches zählt, Geschäftliches ergibt sich».

Das Prinzip funktioniert, man kommt schnell ins Gespräch: Kleine Symbole auf den Namensschildern bringen überschaubare Gruppen an Stehtische. Der erste Kontakt ist einfach: «Waren Sie schon mal hier?» «Gefällt der Abend?» So erfährt man, dass das Gegenüber Datenschutzbeauftragter ist. Der nächste bietet maßgeschneiderte Mode an. «Ich habe durch diese Treffen schon ein paar Geschäfte machen können» erzählt Wolfgang von Slupetzki. Damit es noch mehr werden, sponsert er eine Krawatte für das Kennenlern-Bingo. Eine nette Geste - aber der Werbegedanke ist im Hinterkopf.

Interessante Gesprächspartner

NürnbergBC ist ein Forum für alle, die eine Geschäftsidee testen wollen oder Kooperationspartner suchen. Die Gruppe hat 4700 Mitglieder, zu dem Treffen haben sich 180 angesagt. Sie kommen aus verschiedenen Branchen und Unternehmen - für jeden sind interessante Gesprächspartner dabei. Dennoch: «Wer auf Biegen und Brechen auf der Suche nach dem ganz großen Geschäft ist, hat hier nichts verloren», erklärt Moderator Jürgen Lehner.

Am Rande bieten Günther Ferber und Peter Ruppert Weine an: Valpolicella aus Italien oder verschiedene spanische. Die Roten schmecken und lassen sich gut trinken. Ferber und Ruppert haben sich bei Xing im Internet kennengelernt. «Ich habe dort erzählt, dass ich italienischen Wein kaufe», erzählt Ferber. «Daraufhin hat sich Peter bei mir gemeldet.» Der Anfang einer Kooperation. Seit drei Monaten arbeiten die beiden nun zusammen, das Geschäft läuft langsam an. «Es muss noch wachsen», bekennt Ruppert. «Aber wir sind ja noch am Anfang.»

Nun präsentieren sie ihren Wein beim Treffen von NürnbergBC: «Eine günstige Werbung für uns», bekennt Ferber. Auch Ingrid Keller und ihr Verlobter Matthias Geister kosten den Wein. Sie sind zum ersten Mal dabei und durchaus beeindruckt. «Ich hätte das Treffen nicht in dieser Größe erwartet», sagt Geister. Der Ingenieur und die Controllerin sind erst vor wenigen Monaten aus Rheinland-Pfalz nach Nürnberg gezogen. Sie sind auf der Suche nach neuen Bekannten in der fremden Stadt. Nun schlürfen sie Valpolicella und erzählen begeistert von ihrer Weltreise. «Lasst uns doch lieber duzen», schlägt der 36-jährige Geister nach einer halben Stunde vor. Sehr direkt, aber es passt zu der Atmosphäre.

www.xing.com/net/frankenbc