Anklage gegen früheren Club-Funktionär

Ex Vize-Präsident des 1. FC Nürnberg steht wegen Drogen vor Gericht

11.8.2021, 16:48 Uhr
Über Jahre hat ein ehemaliger Vize-Präsident des 1. FC Nürnberg die verbotene Droge Methamphetamin konsumiert. Jetzt muss er sich vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth dafür verantworten.

© afp Über Jahre hat ein ehemaliger Vize-Präsident des 1. FC Nürnberg die verbotene Droge Methamphetamin konsumiert. Jetzt muss er sich vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth dafür verantworten.

Er ist 72 Jahre alt und hat eine steile Karriere hinter sich - allerdings auch einen ebenso steilen Fall. Bis zu seinem 68. Lebensjahr hat sich der frühere Vize-Präsident des 1. FC Nürnberg nichts zu Schulden kommen lassen.

Doch jetzt sitzt Gustav G. (Name geändert) vor der 21. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Als Angeklagter. Und mit ihm sein 34-jähriger Lebensgefährte. Beide sind seit dem 17. November 2020 in Untersuchungshaft, nachdem sie auf dem Parkplatz eines Supermarktes von Einsatzkräften der Polizei überwältigt und festgenommen wurden.

Halswirbel gebrochen

G., der nach seiner Funktion beim 1. FCN auch Beisitzer beim Sportgericht Bayern und Vorsitzender der mittelfränkischen Trainervereinigung war, spricht vor Gericht. An manchen Stellen nach Ansicht des Vorsitzenden aber auch etwas zu viel. Vor allem, als G. seine Krankengeschichte ausbreitet. Doch die, da sind sich die Anwälte und die Staatsanwältin einig, spielt eine entscheidende Rolle mit Blick auf seine jetzige Situation.

Ein Unfall Ende 2017 sei der Auslöser gewesen, sagt der Angeklagte. Der heute 72-Jährige erlitt einen Halswirbelbruch. "Ich hatte acht Operationen, eine schlimmer als die andere." Bei einer OP soll ein Arzt auch gepfuscht haben. Das Problem, so G., seien die Begleiterscheinungen: die Schmerzen. "Die habe ich mit normalen Schmerzmitteln gar nicht in den Griff bekommen."

Noch vor seinem Unfall lernte der verwitwete Nürnberger, der in seinem Leben auch die Liebe zu Männern entdeckte, den heute 34-jährigen Alfred N. kennen. Mit ihm kam der frühere Club-Funktionär erstmals in Kontakt zu verbotenen, harten Drogen. Genauer: zu Methamphetamin.

Beide, G. und N., litten unter Schmerzen. Auch N. habe einen Unfall gehabt, der Rücken habe Schaden erlitten, sagt N. vor Gericht. G. wollte diese "höllischen Schmerzen", die ihn teils handlungsunfähig machten, lindern. Es kam die Gelegenheit, da griff er zu Methamphetamin - und die Schmerzen waren weg. Jedenfalls für drei, vier Tage.

Ein krasser Widerspruch

Dann aber kamen die Leiden wieder. Er ließ sich von N., der sich zunehmend als "häuslicher Pfleger" für G. sah, erneut eine Spritze mit dem Rauschgift verpassen. Der Teufelskreis begann, aus dem Lindern der Schmerzen durch das Betäubungsmittel wurde eine Abhängigkeit, eine Sucht.

"Als Trainer in Wendelstein hab ich meine Schützlinge selber vor dem Höllenzeug gewarnt. Am selben Tag ließ ich mir dann wieder eine Spritze geben", erzählt er. Ein krasser Widerspruch. Hier in der Verhandlung wolle er alle Karten auf den Tisch legen. "Ich schäme mich dafür, was ich gemacht habe. Je länger ich in U-Haft saß, desto klarer wurde ich mir darüber."


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Die konsumierte Dosis wurde größer, die zeitlichen Abstände zwischen den Vergaben der Spritzen kleiner. Zwei Lieferanten hatte das Paar, hohe Summen wurden bezahlt. "Ich hab einen Kredit aufgenommen, um die Sucht zu ernähren", so G. Sein Haus habe er aber nicht belastet, das wolle er seiner Tochter, die es erben soll, nicht antun.

G. und N. verkauften den Stoff teilweise weiter, zu einem höheren Preis. Der Richter stellt fest, dass G. im gesamten Zeitraum einen Erlös von rund 28.900 Euro einstrich. Mit dem Gewinn beschaffte er für sich und N. neues Rauschgift. Durchbrochen wurde dieser Teufelskreis schließlich mit der Festnahme der zwei Männer.

Ein Gutachter sagt vor dem Landgericht: "Methamphetamin ist kein Schmerzmittel. Es kann Schmerzen aber unterdrücken, das Gehirn verarbeitet sie anders." Der Stoff habe zudem die Wirkung, dass sich ein Mensch "erhaben, über den Dingen stehend" fühlt, erklärt der Mediziner.

Gefahr, rückfällig zu werden?

Doch wie geht G. heute mit dem Schmerz um, will eine Beisitzerin des Gerichts wissen. In der Justizvollzugsanstalt bekomme er wieder herkömmliche Medikamente, er liege im Bett auf zwei Unterlagen und zwei Kopfkissen und erhalte Physiotherapie, lautet G.s Antwort. Er erklärt aber auch, nicht zu wissen, ob er "draußen" nicht wieder rückfällig würde.

Beide Angeklagte sind, so die Anwälte, "therapiewillig". Beide geben ihre Fehltritte in vollem Umfang zu. Am Freitag, 13. August, wird die Verhandlung fortgesetzt.