Facharzt will Skandal-Rapper Sido das Handwerk legen

NÜRNBERG - Mit der zunehmenden Gewalt in den Neuen Medien und der daraus resultierenden Persönlichkeitsveränderung von Kindern und Jugendlichen hat sich Dr. Lutz Besser, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, in einem Vortrag im Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) auseinandergesetzt.

Besser gilt europaweit als anerkannter Experte auf dem Gebiet der Psychotraumatologie und traumazentrierten Psychotherapie. Durch zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge hat er sich einen Ruf als Experte in Sachen Medienkonsum von Jugendlichen gemacht.

Nicht nur Gewalt im Internet

Die Veranstaltung im CPH richtete sich explizit an Fachleute. Zahlreiche Pädagogen, Lehrer und Therapeuten lauschten drei Stunden lang Bessers Theorien zur Entwicklung des menschlichen Gehirns und den Auswirkungen des Medienkonsums auf die sich formenden cerebralen Strukturen von Kindern und Jugendlichen. Wer gedacht hatte, Besser setze sich vor allem mit der Gewalt im Internet auseinander, der wurde enttäuscht. Unter Neue Medien subsumiert der Psychoanalytiker beinahe alles, was derzeit an medialer Technologie existiert. Vom Fernseher über Video, Computer, Spielkonsolen bis hin zu MP3-Playern.

Jugendliche nur unzureichend geschützt

Dabei verteufelte Besser die Medien nicht per se. Er prangerte vielmehr die zunehmende Gewalt darin an, vor der Kinder und Jugendliche nur unzureichend geschützt seien. «Das ist in meinen Augen Gehirnwäsche, die da mit unseren Kindern passiert.» Neurowissenschaftler hätten in den vergangenen zehn Jahren nachgewiesen, dass sich das menschliche Gehirn, besonders in Kindheit und Jugend, in Abhängigkeit von den Nutzungsbedingungen strukturiert (Neuroplastizität des Gehirns).

Kinder und Jugendliche, machte Besser deutlich, könnten die pausenlosen Bilder, Filme, Töne, Geräusche und Musik nicht unbeschadet verarbeiten. Die Abfolge sei zu schnell, zu fragmentiert, zu laut und zu gewalttätig. «Fragen Sie mal Lehrer, wie sie die ersten Stunden am Montagmorgen überstehen.»

Durch permanenten Medienkonsum "durch den Wind"

Die Kinder seien durch den ständigen Medienkonsum am Wochenende psychisch und seelisch so «durch den Wind», dass sie nicht in der Lage seien, sich zu konzentrieren. Aggressionen seien angeboren, Gewalt werde jedoch erlernt. Ständiger Medienkonsum, Reizüberflutung, materielle Verwöhnung bei gleichzeitiger emotionaler Vernachlässigung und dem Fehlen von guten Vorbildern führen zu massiven Fehlentwicklungen, urteilte Besser.

Die allgegenwärtige Gewalt in Bildern und Worten auf allen Kanälen werde von der Gesellschaft bagatellisiert «Doch tatsächlich handelt es sich um intensive Lernerfahrungen, in denen Kinder geradezu darauf gedrillt werden, sich gewalttätig zu verhalten.»

Lustgewinn bei einer Vergewaltigung besungen

Als abschreckendes plakatives Beispiel las Besser einen Liedtext des Skandal-Rappers Sido vor. Der Interpret singt darin in unaussprechlich sadistischer Art und Weise über den eigenen Lustgewinn bei einer Vergewaltigung. «Wir werden mit einer groß angelegten Anzeigen-Kampagne bundesweit versuchen, diesem Verbrecher das Handwerk zu legen», sagte Besser am Ende der Veranstaltung.

Wer sich an der Kampagne beteiligen möchte, kann Dr. Lutz Besser unter info@zptn eine E-mail schicken.