Fall 36: Eine Insel jenseits des harten Lebens auf der Straße

23.12.2016, 10:20 Uhr
Fall 36: Eine Insel jenseits des harten Lebens auf der Straße

© Foto: Hippel

Wer hier Hilfe sucht, der hat wirklich nichts mehr: keine Wohnung, keinen Job, keine Familie. Einzig allein die Sucht ist geblieben: Die Drogennotschlafstelle "Hängematte" ist für manchen Abhängigen die letzte Adresse jenseits einer Nacht auf der Straße. Und doch musste Peter Groß erst vergangene Woche an einem Abend gleich vier Leute wieder wegschicken — nachts um halb zehn, wohin auch immer. "Natürlich ist das hart für die Leute, aber wenn wir nun mal voll sind", sagt der Leiter der Einrichtung. Also mussten die vier mit ihren Habseligkeiten wieder gehen.

Peter Groß ist Sozialpädagoge und kann sich keine Sozialromantik erlauben. Denn die Menschen, die Tag für Tag die "Hängematte" in Gostenhof aufsuchen, stecken tief in einem Sumpf aus Sucht, Not und Einsamkeit. Als Drogenabhängige ohne festen Wohnsitz sind sie gesellschaftlich ganz unten angelangt. Da ist Mitleid fehl am Platz und echte Hilfe nötig — und das bei den elementarsten Dingen: Essen und ein Bett.

Gespräche im Kontaktladen

Seit 1987 gibt es die Notschlafstelle für obdachlose Drogenabhängige — die einzige ihrer Art in Nordbayern. Und die meisten, die hierherkommen, sind Stammgäste. Doch das Angebot ist beschränkt: Lediglich 18 Betten beherbergt die Einrichtung — 15 für Männer, drei für Frauen. Die Menschen können sich hier auch duschen, ihre Wäsche waschen und gemeinsam etwas im großen "Kontaktladen" im Erdgeschoss kochen und essen. Für viele ist es die einzige Gelegenheit, sich einmal an einen Tisch zu setzen und zur Ruhe zu kommen.

Denn der tägliche Kampf ums Überleben ist hart. Wer schwerstabhängig ist, den treibt die Sorge um, wie er an Geld kommt. "Mindestens 100 Euro brauchen sie. Und da geht es nicht darum, Spaß zu haben, sondern die Entzugserscheinungen zu lindern", sagt Peter Groß über seine Klientel. So ist es kein Wunder, dass viele mit dem Gesetz in Konflikt geraten und so mancher auch in Haft. Die "Hängematte" gleicht da einer Insel — wenn auch immer auf Zeit. Der "Kontaktladen" öffnet um 19.30 Uhr und schließt um 21.30 Uhr. Es sind kostbare zwei Stunden, in denen sich Sozialpädagogen auch Geschichten anhören, die sich andere nicht zumuten wollen.

Ab September neue Räume in der Südstadt

Wer Glück hat, ergattert ein Zimmer im ersten Stock, das ab 22 Uhr bezogen werden darf. Vor allem die Betten für die Männer sind immer belegt. Dennoch kommen zunehmend mehr Frauen hierher. Da ist die junge Punkerin, die ungewollt Schwangere oder die Mutter, die sich aufgrund ihrer schweren psychischen und physischen Abhängigkeit nicht mehr um ihre Kinder kümmern konnte.

Schicksalsschläge, eine schwierige Lebensgeschichte haben hier alle durchlitten. Etwa der 40-Jährige, der zehn Entgiftungen hinter sich hat, der den Weg aus der Sucht nicht findet und unlängst seine Freundin verloren hat. Oder der 21-Jährige, der in eine Familie mit Drogenproblemen bereits hineingeboren worden war. Maximal 50 Tage am Stück können die Menschen hier übernachten. Dann müssen sie zwei Monate pausieren. Das soll auch am neuen Standort in der Südstadt so sein. Nachdem der Mietvertrag der "Hängematte" in Gostenhof Ende 2017 ausläuft, hatte der Verein monatelang nach einem neuen Zuhause gesucht.

Ab September sollen die neuen Räume in der Südstadt bezogen werden und auch weiterhin eine vorübergehende Lösung für die Bedürftigen sein. "Wir wollen ja, dass sie versuchen, etwas anderes zu finden", sagt Peter Groß. Auch wenn eine Wohnung angesichts der Marktlage eine Utopie ist. "Unsere Klienten haben es aber auch schwer, einen Platz in einer Pension zu bekommen."

Päckchen für Inhaftierte

Unterstützt wird der Verein vom Bezirk Mittelfranken und der Stadt Nürnberg. Dennoch ist der Verein auf Spenden angewiesen. Der Bedarf steigt immer mehr — und damit auch die Kosten. Aber auch die Päckchen für die Klienten, die in Haft sitzen und hoffen, dass man an Weihnachten an sie denkt, sind ohne Spenden nicht zu schultern.

Zudem soll es an Heiligabend wieder eine Feier in der "Hängematte" geben, damit die Betroffenen zumindest ein paar Stunden Weihnachten in der Wärme erleben. Auch wenn die meisten von ihnen danach wieder gehen müssen, wohin auch immer.


Hier können Sie ganz einfach und direkt für "Freude für alle" online spenden.


Die "Freude für alle"-Aktionskonten:

Sparkasse Nürnberg: DE63 7605 0101 0001 1011 11
Sparkasse Fürth: DE96 7625 0000 0000 2777 72
Sparkasse Erlangen: DE28 7635 0000 0000 0639 99
Postbank Nürnberg: DE83 7601  0085  0400  0948  54

Barspenden nehmen gerne die Geschäftsstellen der Zeitung in Nürnberg (Mauthalle, Königstraße), Fürth (Rud.-Breitscheid-Str. 19) und Erlangen (Hauptstraße 38) an. Für zweckgebundene Spenden bitte die Fallnummer ("Fall 34") angeben. Alle Spendernamen werden veröffentlicht (außer mit dem Zusatz "anonym").

 

 

1 Kommentar