Familienstreit an Heiligabend: Verprügelte 54-Jähriger Ehefrau?

17.12.2014, 20:29 Uhr

Oberstaatsanwältin Anita Traud wirft einem 54-jährigen Landschaftsgärter vor, an jenem Tag den neuen Lebensgefährten seiner Exfrau verprügelt zu haben. Durch die rabiate Behandlung sei der 26 Jahre alte Geschädigte zudem mit dem Hinterkopf gegen einen Türstock geknallt und habe sich schwere Kopfverletzungen zugezogen, so die Anklage, die unter anderem von gefährlicher Körperverletzung spricht.

Er habe seinen drei Kindern am 24. Dezember 2013 nur die Weihnachtsgeschenke vorbeibringen wollen, berichtet der angeklagte Manfred M. (Name geändert) vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts. Als er mit den Päckchen vor der Türe seiner Exfrau stand, habe er den neuen Lebensgefährten seiner Ex herumbrüllen hören. „Er schimpfte, die Kinder sollen die Fresse halten“, erinnert er sich. Daraufhin habe er Sturm geklingelt und laut geklopft.

Der 26-Jährige habe die Türe geöffnet, sei dann rückwärts über Kartons im Flur gestolpert und mit dem Hinterkopf gegen den Türstock geknallt, so M. „Ich habe weder geschlagen noch getreten“, beteuert er.

Der Geschädigte kann sich nur noch bruchstückhaft an die Geschehnisse erinnern: Der 26-jährige Markus G. (Name geändert) muss aufgrund schwerer Erkrankungen starke Medikamente nehmen, die sein Gedächtnis beeinflussen. G. weiß aber noch, dass er sich an jenem Abend ärgerte, weil der Vater der Kinder schon an Heiligabend — und nicht, wie verabredet, am ersten Weihnachtsfeiertag — mit den Geschenken auftauchte. „Wir wollten einfach in Ruhe feiern“, so der gehbehinderte Mann.

Starke Kopfschmerzen

Weil er Angst hatte, dass Manfred M. die Türe einschlägt, habe er einen Spalt geöffnet. Dann habe der 54-Jährige seinen Fuß in die Türe gestellt und sie mit Kraft aufgestoßen. Da er an Krücken gehe, habe er das Gleichgewicht verloren und sei gestürzt, so Markus G. An Schläge kann er sich nicht erinnern, nur dass er nach dem Vorfall starke Kopfschmerzen hatte.

Am nächsten Tag rief seine Lebensgefährtin den Rettungsdienst, weil G. regelrecht apathisch war. Im Südklinikum stellten die Ärzte eine schwere Gehirnerschütterung, ein Schädel-Hirn-Trauma und zahlreiche Prellungen im Gesicht fest. Nach drei Tagen verließ der 26-Jährige die Klinik entgegen dem Rat der Ärzte. Eine knappe Woche später ging er mit seiner Lebensgefährtin zur Polizei und zeigte Manfred M. an.

Markus G. lieferte vor Gericht eine etwas weniger dramatische Version ab als noch im Januar bei der Polizei. Deshalb ging Oberstaatsanwältin Anita Traud nach der Beweisaufnahme davon aus, dass es lediglich ein Schubsen gab. Ob der Angeklagte versehentlich oder vorsätzlich geschubst hatte, sei nicht mehr zweifelsfrei zu rekonstruieren, da alle weiteren Zeugen die Aussage verweigert hätten. Dennoch sei der Angeklagte über den Gesundheitszustand des 26-Jährigen im Bilde gewesen, so die Anklagevertreterin. Sie meinte, Manfred M. müsse deshalb wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt werden. Obwohl der 54-Jährige unter anderem wegen schweren Raubes und Gefangenenmeuterei erheblich vorbestraft sei und momentan unter laufender Bewährung stehe, könne man in diesem Fall gerade noch eine Geldstrafe verhängen: Sie beantragte 120 Tagessätze zu je 30 Euro (3600 Euro).

Verteidiger Michael Spengler hielt G. wegen seiner unterschiedlichen Aussagen für wenig glaubwürdig. Er forderte Freispruch. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsrichter Armin Eberl verurteilte den Mann am Ende wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 100 Tagessätzen zu je 20 Euro (2000 Euro). Weil der Richter die Bewährung vorerst nicht widerrufen will, kann Manfred M. seinen drei Kindern heuer wieder Weihnachtsgeschenke bringen. Markus G. hat die Familie vor einigen Monaten verlassen.

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