Fitness für den Glauben

13.9.2006, 00:00 Uhr
Fitness für den Glauben

Angelika Wiesinger kann vom Papst derzeit gar nicht lassen. Erst im vergangenen Jahr die begeisternde «Party“ beim Jugendtreffen in Köln, dann am vergangenen Wochenende Benedikt in München, und auch jetzt wollte die 24-Jährige unbedingt mit nach Regensburg zur Papst-Messe auf dem Islinger Feld.

«Ich fühle mich bei solchen Treffen immer gestärkt, ich bin mir dann wieder ganz sicher, dass es richtig ist, den Glauben offen zu leben,“ sagt die künftige Lehrerin für Mathe und Religion, «vor allem wenn man die Gemeinschaft mit den vielen anderen spürt.“ Aber dieses geistliche Fitness-Programm ist anstrengend.

Um zwei Uhr morgens besteigt sie mit 30 anderen Gläubigen den Bus vor Sankt Sebald in Altenfurt. «Etliche sind noch abgesprungen, als sich herauskristallisierte, dass wir so früh los müssen,“ meint Kaplan Andreas Wanka. Im Bus nach München, drei Tage zuvor, saßen gut 50 Benedikt-Fans. Die unchristliche Abfahrtszeit war notwendig, weil die Organisatoren ab 4.30 Uhr die Zufahrt auf das zum Riesen-Parkplatz umfunktionierte Autobahnstück zwischen Neutraubling und Regensburg-Süd sperrten. Wer das zeitlich nicht schafft, hat eben Pech.

Also treffen die Altenfurter noch in stockdunkler Nacht, fünf Stunden vor Beginn der Papst-Messe, am Ort des Geschehens ein. Den Pilgern in rund 500 anderen Bussen vor allem aus der Oberpfalz ging es nicht anders. Die Fahrzeuge blieben in einer kilometerlangen Reihe auf einer Autobahnspur stehen, den Pannenstreifen hatte die Kirche für diesen Tag in «Pilgerweg Sankt Martin“ umgetauft. Er führte auf das noch rund drei Kilometer entfernte Messe-Gelände.

Zehn Großbildschirme

Bis zum Morgengrauen sind etwa 260 000 Menschen aus allen Richtungen auf die Papst-Wiese geströmt. Dort waren unter anderem bereits 40 Lautsprechertürme, zehn Großbildschirme und 2000 Toiletten aufgestellt.

Pünktlich zur Messe um zehn Uhr trifft Benedikt der XVI. in seinem Papa-Mobil ein. In langsamen Runden bewegt es sich auf den breiten Gassen zwischen den Massen Richtung Altar-Hügel. Auf dieser Fahrt segnet der Papst die Menge. Angebracht wäre in diesem Moment als Antwort das Kreuzzeichen, aber die meisten Gläubigen zücken in dem heiligen Augenblick lieber das Foto-Handy oder die Digitalkamera.

Es entsteht eine Atmosphäre zwischen heiterem Familienausflug, geistlichem Woodstock und buntem Mega-Event. Für Sabine Schidla aus Schwabach, die sich der Altenfurter-Gruppe angeschlossen hat, stimmt einfach alles, die Gefühle, die Gemeinschaft, die Gebete: «Dieser Papst kann die Leute ansprechen. Man spürt keinen Druck, obwohl er Forderungen des Glaubens ehrlich und auch wirklich deutlich anspricht. Das klingt alles sehr glaubwürdig, was von ihm kommt.“ Eigentlich ist die Lehrerin ihrer 12-jährigen Nichte Tamara zuliebe mitgefahren, aber bereut hat sie den Besuch der Papst-Messe am Ende keineswegs.

Auch für Klemens Bieger war die Stimmung auf dem Islinger Feld beeindruckend. «Der Papst spricht im richtigen Ton die richtigen Themen an, nämlich den Mangel an Werten in unserer Gesellschaft. Das muss auch so sein.“ Er ist «Papstbesuch-Ersatzmann“ für die Familie seines Freundes Ludwig Toupal. Dessen Frau und Kinder wollten nicht in aller Hergottsfrühe aufbrechen. Toupal, wie Bieger von Beruf Krankenpfleger, bekennt offen seine Sympathie für das Oberhaupt der katholischen Kirche: «Ich mag den Papst, gerade weil er als Nachfolger Petri wie ein Fels dasteht.“