Flüchtlinge auf Deutschherrnwiese protestieren

2.9.2014, 17:00 Uhr
Flüchtlinge auf Deutschherrnwiese protestieren

© Foto: Horst Linke

„Wie lange die Zelte insgesamt für die vorübergehende Unterbringung der Asylbewerber gebraucht werden, lässt sich nach heutigem Stand nicht absehen“, schreibt Ruth Kronau-Neef, Pressesprecherin der Regierung, in einer E-Mail von Montagnachmittag. Sie versichert, dass die Zelte beheizt werden. Laut eines Polizeisprechers versammelten sich die Flüchtlinge am Dienstag an dem Sportplatz westlich der Innenstadt, auf dem das Zelt aufgestellt wurde. Sie forderten eine bessere medizinische Versorgung und Kleidung, wie eine Unterstützerin sagte.

Mit detaillierten Informationen – etwa über die Herkunftsländer der Flüchtlinge in den Nürnberger Zeltlagern (ein zweites steht an der Frankenstraße) – hält sich die Regierung weiter zurück. Angesichts des Drucks durch die vielen neuen Asylbewerber, die bei der Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf angekommen sind, „ist es uns leider nicht möglich (. . .) jede Anfrage einzeln zu beantworten“, heißt es in der E-Mail. „Alle vorhandenen Kräfte müssen derzeit genutzt werden, um die Versorgung der Asylbewerber sicherzustellen und die angespannte Unterbringungssituation zu entschärfen.“

Immerhin geht aus dem Schreiben hervor, dass zwischen Freitagmorgen und Montagmorgen 560 Asylbewerber neu in der ZAE Zirndorf eintrafen. Die ist aber heillos überfüllt, auch dort hat die Regierung schon sechs Zelte errichtet. Deswegen werden die Flüchtlinge auf Dependancen des Erstaufnahmelagers (eine gibt es auch in Nürnberg) und eben auf Zelte verteilt. Derzeit ist die ZAE Zirndorf für 2200 Menschen zuständig, 1400 leben direkt in Zirndorf, die anderen wurden verteilt.

Während im Zelt an der Frankenstraße alle 100 Plätze belegt sind, liegt die Kapazität an der Deutschherrnstraße bei 300, hier könnten also noch wesentlich mehr Menschen untergebracht werden. Das Zusammenleben der Flüchtlinge verlaufe „aus unserer Sicht friedlich und unproblematisch“, schreibt die Regierung, die Asylbewerber können das Gelände auch zeitweise verlassen. Die Verpflegung läuft an der Frankenstraße über einen Caterer, an der Deutschherrnstraße über das Bayerische Rote Kreuz. Die Sozialbetreuung für die beiden Zeltlager sei erst „im Aufbau begriffen“; ein Sicherheitsdienst sei vor Ort und könne bei Bedarf Notdienste verständigen.

Für das Sozialamt sind Zelte keine Option mehr

Weil die Flüchtlinge nur kurz bleiben und so bald wie möglich auf andere Unterkünfte in den sieben Regierungsbezirken oder auch in anderen Bundesländern verteilt werden, sei es nicht sinnvoll, dass Bürger Kleider- oder Sachspenden abgeben. Das Zeltlager an der Deutschherrnwiese hat die Regierung auch deshalb so rasch organisieren können, weil das städtische Sozialamt schon entsprechende Pläne in der Schublade hatte. Der Grund: Für die Erstaufnahme, die nun in den Zelten stattfindet, ist alleine die Regierung verantwortlich. Bei der Heimunterbringung der Asylbewerber muss jedoch die Stadt die Regierung unterstützen.

Das brachte das Sozialamt zuletzt an den Rand seiner Kapazitäten, so dass das Team um Amtschef Dieter Maly ebenfalls über Zeltlösungen nachdachte. „In diesem Fall wäre die Deutschherrnwiese unser erster Standort gewesen“, sagt Christian Mätzler, der seit kurzem den neu geschaffenen Posten des Asylbeauftragten im Sozialamt übernommen hat. „Allerdings hätten wir dort nur 60 Plätze vorgesehen.“

Mätzler versichert allerdings, dass für die Stadt in der kalten Jahreszeit ein Zeltlager keine Option mehr sei: „Da ist ein Haken dran.“ Stattdessen gehe man weiter den Weg, frühere Hotels in Flüchtlingsheime umzuwandeln. Jene 30 Asylbewerber aus Syrien (3), Bosnien-Herzegowina (5) und Mazedonien (22), die zuletzt im Katastrophenschutzraum am Westtor untergebracht waren, haben gestern ein solches Ex-Hotel in der Südstadt bezogen. Der Katastrophenraum, der ansonsten bei Evakuierungen (etwa wegen Bränden und Bombenfunden) genutzt wird, ist also wieder leer. Drei Hotels mit Flüchtlingen laufen bereits unter städtischer Regie, ein viertes kommt laut Mätzler Mitte September hinzu. Zudem hat die Stadt in kleineren Wohneinheiten Flüchtlinge untergebracht, insgesamt hat sie bisher rund 230 Plätze geschaffen.

Unterdessen kritisierte die Diakonie Bayern die Staatsregierung scharf für den Umgang mit den Flüchtlingen und forderte ein Umdenken hin zu einer Willkommenskultur.

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